jurgko

Erziehung & Kinder

Arbeitssklavengedichte von mir

http://Arbeitssklavengedichte von mir

Auf der Suche

Acht Klasse standen mir zu Buche.
Hatte den Schlüssel noch nicht gefeilt
für eine glückliche Lehre.
Klopfte vergebens an viele Tore,
fand keinen Eingang.
Fand Eingang nur in einer Eisenbude,
bei einem Krauter.
War glücklich wie Zuckertütenkind,
das noch keinen Kreidestaub gerochen hatte.

Meine blaue Haut

Die schwere Tür schlug hinter mir zu.
Stand im langen Raum
mit langen Tischen, Bänken, Waschtrog.
Kroch in meine blaue Haut.
Zweimal passte ich hinein.
Hängte mit der Lederhose
meine Kindheit in den Spind.
Drei Jahre sind
eine lange Zeit.

Eisenbude

Bin in Teufels Küche gelandet:
Russchwarz die Decke,
der Schmiede Rauchfang,
Ketten und Folterzangen an der Wand.
Stift! riefen sie,
beweg dich schneller!
Lehrjahre sind keine Herrenjahre!
Der Alte! Der Alte!

Nach einer Ewigkeit
fand ich mich wieder
mit der Feile,
im Schraubstock mein erstes Werkstück.

Dreierlei

Alwien Dienstag,
Altgeselle und Türenanschläger,
nannt sich Kumpel.
Beim ersten Monategang
bot er mir das Du an –

Beim zweiten eine mächtige Zigarre.
Durfte schliesslich
seinen schweren Werkzeugkasten tragen.

Laufbursche

War den ganzen Tag
auf den Beinen.
Sassen die Gesellen
und wickelten ihre Stullen aus,
dann wurde ich Laufbursche
für Bier und saure Gurken.
Nachmittags lief ich mit dem Feierabend um die Wette
Beim Kehren und Schrottwegtragen.

Selbst im Traum
noch lief ich
bleischwer.
 

Arbeitssklavengedichte von mir
Arbeitssklavengedichte von mir

Text Arbeitssklavengedichte

Grüne Träume

Entgratete wochenlang
Winkeleisenberge.
Sah überm Schraubstock
Silbermücken tanzen.
Ruhte meine Feile
für einen Augenblick,
dann flogen meine Träume
- vogelgleich -
ins Apfelbaumgrün.

Glotzt auf eure Arbeit!
brüllte der Alte.
Meine Mütze segelt
durch die Bude.

Doch immer wieder
erhob sich meine Blick
und flog wie ein Vogel,
der auf Katzenköpfe pfeift,
ins Grüne.

Hinter der Krauterbude

Dort lag der Rost
wie Sand
zwischen Eisenregalen,
wo kein Grashalm wuchs.
Ein Löwenzahnbüschel
oft nieder gelatscht,
trotzte Rost und Sohlen.
Ich brachte ihm heimlich
so manche Büchse Wasser
zum Aufrichten.

Hinter der Krauterbude
schienen für mich
gelbe Löwenzahnsonnen.

Die alte Presse

Dutzende Fuhren von Flachstahl,
verkantet krumm,
prellten durch meine Fäuste
beim Ausrichten unter der Presse.
Beim Waschen
brannte das Wasser
wie Feuer auf meinen Händen.

Doch putzte ich
die alte Presse
und fettete die Spindel.
 

Text Arbeitssklavengedichte

Heimzahlung

Dümmer als ein Sperling,
dümmer als ein Strohhlam
bist du,
hackte der Alte
auf unserem Schmied herum.
Wie vom Amboss der Hammer
prallte es ab,
jahrelang

Einmal,
Neuling am Schmidefeuer,
sprühte mir
das Eisen Sterne.
Als hinerrücks der Alte
mir richtiges Schmieden einbleuen wollte,
jagt der Schmied
mit dem Vorschlaghammer
den Eisenbudenchef
zur Tür hinaus.


Der gute Alte

Geht ein Schlüssel verloren,
gleicht kommt der Alte
aus der Rosenstrasse
auf seinem Fahrrad.
Ist noch einer
aus der“ guten alten Zeit“.
Keinen besseren Meister gibt es
in unserer Stadt,
sagen die Leute.
Ich kenne ihn anders.

Abschied

Ein Frühling war das,
als ich beim Eisenbudenchef
für immer
die Tür hinter mir zuwarf!
Wie erwacht
aus einem langen Alptraum,
drehte ich mich noch einmal um:
Die Krauterbude versank
zwischen Disteln und Brennnesseln.