Berühmt berüchtigt
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Erziehung & Kinder

Berühmt berüchtigt

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 Jürgen Köditz
 

1. Teil
 

So betitelte ich mein geheimes Eingabe-Rekord-Guinness-Buch.
 

Wie ich zur DDR-Berühmtheit  wurde

In der ganzen DDR wurde ich bekannt, wie ein bunter Hund, weil  ich als schreibender Arbeiter und  Volksdichter  mit meinen vielen Gedichten, überall in zentralen Zeitschriften, Anthologien, Neuen Deutschen Literatur,  ja sogar in der SED-Parteizeitung, Neues Deutschland, veröffentlicht  wurde. 
 

Unentwegter Schleifer


Übern Magnettisch
Immer schneller
dreht sich die Schmirgelscheibe -
mein Sekundenprobeller.
Das Werkstück glättet sich,
wird zum Stahlspiegel-
zeigt mein Gesicht.
Auch an mir muss ich glätten
manchen Gedanken-Grat.
Doch werde ich trotzdem nicht so glatt
wie ein Mustercharakter
fürs Kaderblatt.


Immer hab` ich beizeiten 
neue Unebenheiten

Dieses problematische Gedichte, welches im Neuen Deutschland veröffentlich wurde, da gab es beim Literatur-Institut, Leipzig wieder heftige  ideologische Auseinandersetzungen und klassenfeindliche Beschuldigungen. Ich hatte Glück, der neue Parteisekretär, beantragte kein Diszipilnarverfahren, sondern liess darüber im Kursus der  Fernstudenten, eine Arbeit schreiben.
 

Sieger im literarischen Wettbewerb

Meine Berühmtheit als Naturtalent, steigerte  sich, als ich im Zentralen Wettbewerb“ Ein gutes Wort zur guten Tat“, zu den Arbeiterfestspielen in Dresden von vielen tausenden Einsendungen ausgewählt wurde und für mein Arbeiter-Schwank „Querflöte“, den ersten Preis bekam. Mehrere Theater interessierten sich für mein Stück, besonders die Dramaturgen der Bühnen von unserer damaligen Bezirkhauptstadt Gera. Diese waren begeistert von  meinem Manuskript. 
 

Berüchtigt wurde ich als kritischer Eingabeschreiber

Einst stachelten mich einige Arbeitskollegen vom VEB Carl Zeiss Jena an: „Dichter als schreibender Arbeiter, muss du endlich mal unsere unzähligen Missstände aufs Korn nehmen!“
So begann meine unaufhörliche Eingabenschreiberei. Gesetzliche Bestimmungen in der DDR legitimierten selbst gesellschaftskritische Eingaben. Diese mussten im Gegensatz zur BRD innerhalb von 14 Tagen beantwortet werden.  Für viele strammen SED-Genossen war das ein stolzes Zeugnis für sozialistische Demokratie.
Jedoch  selbst unser treusozialistischer Zirkeldoktor, W. Schütz, so nannte ich unserem Leiter, der schreibenden Arbeiter, war da sehr skeptisch. Er mahnte:“ Jürgen, du bist ein Don Quichotte, du rennst gegen Windmühlen an. Du machst dich zum Gerechtigkeitsnarren. Das ist nichts Negatives. Auch in mir steckt einer, aber ich betrachte unsere Probleme historisch, distanzierter, aus der Sicht von vielen Epochen. Unser Sozialismus hat heute noch viele Kinderkrankheiten!“
Auch unsere Zirkeloma, wie ich diese kommunistische Veteranin taufte, reagierte sehr verbittert, sie und all ihre Verwandten hatten sogar in der Nazizeit für einen sozialistischen Staat gekämpft und wurden für ihre Ideale  ins KZ gesperrt. Sie klärte mich auf  über unsere erstarrten oft antisozialistischen, kleinbürgerlichen Zustände: „Jürgen glaubst du noch an einen sozialistischen Weihnachtsmann, dass du mit deinen Eingaben etwas erreichst!“
Sie gab mir ihr Buchmanuskript, „Muttermale“, zu lesen. Dazu bemerkte sie frustriert: „Meine Erlebnisse habe ich sehr realistisch, ja bewusst protokollarisch geschrieben. Weisst du, was der Mitteldeutsche Verlag mir geantwortet hat: „Solche Darstellungen, die Sie schildern, sind nicht nur total übertrieben, sondern alle Handlungen sind unrealistisch dargestellte, so etwas  gibt es nirgendwo in unserer DDR !“
Auch ich wurde von diesem Verlag, der die Arbeiter aufrief : „Kumpel greif zur Feder! wie ein Vollidiot behandelt. Als ich meine Arbeitergedichte dorthin schickte. bekam ich eine unsinnige Antwort: „Leider sind Ihre Arbeitergedichte nicht aus der Sicht eines Leiters und Lenkers geschrieben. Dessen sollten Sie sich, besonders als schreibender Arbeiter befleissigen!
Ich war so schockiert, dass ich voller Wut einen empörten Eingabe-Brief schrieb:“ Ich habe schon viele Gedichtsbücher Ihres Verlages gelesen, nicht ein einziger Ihrer Dichter schrieb ein Gedicht aus der Sicht des Leiters und  Lenkers. Bei Ihnen komme ich mir vor, wie in einem ideologischen Irrenhaus, wo man mit einem roten Klammersack gepudert wird.
Was ich nicht wusste, mein großer weltbekannter Verleger hatte die Sonderechte über meine Urheberrechte. Denn bei meiner zweiten Gedichtssendung an einem anderen Verlag, bekam ich diese gar nicht zurück, auch keine Antwort, weil meine Gedichte verlegt wurden.