Elly Kreeb

Eine französische Fischsuppe

Die Bouillabaisse

Bei den Vorbereitungen für meinen ersten Urlaub an der Côte d’Azur fand ich im Reiseführer den Tipp, man solle dort unbedingt die berühmte Fischsuppe „Bouillabaisse“ essen.

Da ich ganz gut Französisch spreche, buchte ich zwei Wochen Urlaub in Beaulieu-sur-Mer. Im Hotel hatte ich mich mit einer alleinreisenden Engländerin angefreundet, mit der ich zum Strand und abends zum "Dîner" ging. Leider fanden wir in unserem kleineren Urlaubsort keine Bouillabaisse auf der Speisekarte.

Ich nahm mir also vor, bei einem meiner Tagesausflüge in die größeren Städte, diese Fischsuppe zu essen. In Monaco, Antibes und Cannes blieb wegen des Rummels keine Zeit dazu. Die letzte Stadt, die auf meinem Programm stand war Nizza. Ich fuhr mit dem Zug hin und besuchte vormittags das Palais Masséna, wo es einen Raum mit wundervollen Impressionisten gibt. Außerdem sah ich primitive Malerei, Schmuck und Keramiken von Picasso. Von dieser Fülle an Kunst hungrig geworden, fragte ich den Portier am Ausgang, ob er mir ein Lokal für die Bouillabaisse empfehlen könne.

Zu meiner Verwunderung ging er mit mir auf die Straße hinaus. Dort erklärte mir wort- und gestenreich den Weg zu einem Restaurant. Das provenzalische Französisch mit seinem starken Akzent war für mich schwer zu verstehen. Ich hatte mein Französisch als Au-pair-Mädchen in der Normandie und Paris erlernt, wo man ein viel besseres Französisch spricht. Ich dachte also zuerst: Das findest du nie!

Als ich die Straße vor dem Museum hinunterging, fiel mir ein, dass er öfters „tournez à droite“ gesagt hatte, also rechts einbiegen. Diesem Hinweis folgte ich und als allmählich die genannten Geschäfte am Wegrand auftauchten, wusste ich dass ich richtig war. In der Ebene zweigte die gesuchte Straße ab und führte kerzengerade zum Meer.
 

Text Die Bouillabaisse

Eine französische Fischsuppe


Ich betrat die enge Straße mit ihren hohen Häusern, die kaum Sonne durchließen. Nach ein paar Schritten sah ich, dass vor einigen Häusern Biertische mit Bänken aufgestellt waren. Die Schiefertafeln mit den angeschriebenen Gerichten hingen an den Wänden der Häuser. Doch welches war das richtige? Endlich – etwa in der Mitte der Straße – baumelte vor einem Lokal ein rundes Metallschild, das die Aufschrift ‚La Bouillabaisse’ trug. Das musste das gesuchte Lokal sein. Ich setzte mich erleichtert an einen leeren Biertisch in die Nähe des Eingangs.

Als die Kellnerin kam bestellte ich eine Bouillabaisse. Sie hielt mich gleich für eine Engländerin und empfahl mir, noch ein Glas Weißwein dazu zu trinken. Während ich auf das Essen wartete, bekam ich Gesellschaft an meinen Tisch: Eine junge Frau in Begleitung ihrer Mutter und zwei Kindern. Später setzte sich noch eine üppige Blondine mit ihrem Schoßhündchen mir gegenüber. Bei der Unterhaltung ergab sich, dass wir alle Deutsche waren. Die beiden jüngeren Damen waren mit Franzosen verheiratet.
 

Text Die Bouillabaisse

Eine französische Fischsuppe

Allmählich trug die Kellnerin mein Gericht auf: Zuerst brachte sie zwei Tontöpfchen mit Soßen sowie ein Körbchen mit geröstetem Weißbrot. Sie erklärte mir in gebrochenem Englisch, dass ich das Weißbrot in die Knoblauchsoße tunken solle. Etwas später brachte sie die Suppenterrine mit Schöpflöffel. Nun konnte es losgehen!

Ich hob den Deckel der Schüssel und sah eine eintopfartige Suppe, in der außer Kartoffeln und anderem Gemüse noch alle möglichen Meerestiere und Fische schwammen. Die Farbe der Fische war hell, rosé oder grau. Ich schöpfte mir einen Teller voll, tunkte die gerösteten Weißbrotscheiben in die Knoblauchsoße und begann zu essen. Doch die Fischsuppe war für meinen Geschmack entsetzlich scharf. Mir war als zerrisse es mir bereits beim Essen den Hals! Es kostete mich einige Mühe, den gesamten Inhalt der Terrine zu verzehren: doch was eine Schwäbin bezahlt hat, das isst sie auch! Von der Bouillabaisse war ich für den Rest des Tages gesättigt. Alles was ich noch brauchte, war eine Flasche Mineralwasser, um den brennenden Durst zu löschen.

Text Die Bouillabaisse

Eine französische Fischsuppe

Zurück in Stuttgart erfuhr ich aus einer Zeitschrift, dass die gerösteten Weißbrotscheiben mit Knoblauchsoße (rouille) getränkt in den Teller zu legen sind und dann die Suppe darüber zu verteilen sei. Vielleicht wäre dann der Knoblauchgeruch nicht so vorherrschend gewesen Ob die Bouillabaisse nun scharf und kräftig schmeckt, oder aromatisch und feiner, ist sicher eine Frage des gewählten Restaurants. Das von mir in Nizza aufgesuchte Lokal gehörte bestimmt nicht zur gepflegten Gastronomie!

Da es viele Menschen gibt, die scharfe Gerichte mögen, empfehle ich einige Kochbücher, die Rezepte für eine Bouillabaisse enthalten. Sie ist als Arme-Leute-Gericht in den Fischerhütten des Mittelmeeres entstanden. Vor allem ist sie für Familien gut geeignet, da die Zutaten in den Rezepten meistens für sechs Personen angegeben sind.