Nele

Es war einmal ...

Die Märchenwelt des Weins

... ein sagenhaftes Land, in dem knuffige Männer mit Baskenmütze und hochgekrempelten Hosen barfüßig Trauben zerstampften und dabei fröhlich die Marseillaise sangen. Eingeborene Winzer verfeinerten misslungenen Weißwein dort angeblich mit einem Schuss Roten zum Rosé. Wer ein blutiges Steak bestellte und es zusammen mit einem Chardonnay genießen wollte, den starrte der Kellner so lange an, bis die Gläser leise klirrten. Über Schraubverschlüsse und Weine aus Deutschland oder gar aus Übersee sprachen die meisten Menschen nur hinter vorgehaltener Hand.

Viele dieser Mythen, Legenden und Irrtümer aus dem Reich des edlen Traubensaftes haben gottlob das Zeitliche gesegnet. Manche seltsamen Glaubenssätze aber trotzen bis heute hartnäckig allen Gegenbeweisen.

Die Märchenwelt des Weins
Die Märchenwelt des Weins

1. "Rotwein muss atmen."

Die verbreitete Manie, einen "guten Tropfen" lange vor dem anvisierten Genuss zu öffnen oder gar zu dekantieren, hat schon unzähligen altehrwürdigen Rotweinen ein unrühmliches Ende im Ausguss der Küchenspüle beschert. Sinn des Umgießens in eine Karaffe ist es, jüngeren, noch nicht trinkreifen Weiß- und Rotweinen Luft zuzuführen, damit sich aufdringliche Tannin- und Alkoholnoten verflüchtigen. Einen alten, wohlgereiften Wein kann zuviel Sauerstoff schlagartig in Essig verwandeln. Faustregel: Je älter der Wein, desto schmaler sollte die Karaffe sein.

2. Fünf Verleumdungen

  • Deutsche Weine sind süß.
  • Moselweine sind süß.
  • Amerikaner trinken grundsätzlich süße Weine.
  • Liebliche Weine sind süße und deswegen einfache, billige Weine.
  • Spätlesen sind süß.

Körperreiche, komplex strukturierte liebliche Weine sind nicht selten im Hochpreissegment anzutreffen. Das Prädikat "Spätlese" bezeichnet eine späte Traubenernte und einen hohen Oechslegrad der Früchte. Es sagt nichts darüber aus, ob der Wein im Endeffekt mit viel Restsüße oder trocken ausgebaut daherkommt. Direkt aus dem Reich der Fabeln stammen die drei anderen Behauptungen.

3. Trugschlüsse um Altersfragen, Weinpreise und Punkte

Falsch: Weißwein muss jung getrunken werden.
Richtig: Auf schlichte Rebsorten wie Müller-Thurgau mag das zutreffen. Manche großartigen Rieslinge und Silvaner dagegen entwickeln ihr Potenzial dagegen erst nach fünf oder mehr Jahren.

Falsch: Rotwein darf nicht jung getrunken werden.
Richtig: Erstklassige Gewächse reifen jahrzehntelang. Aus einem anspruchslosen Tropfen allerdings wird kein Jahrhundertwein, egal wie lange er im Keller ruht.

Falsch: Je teurer der Wein, desto hochwertiger ist er.
Richtig: Faktoren wie Lager- und Transportkosten oder Angebot und Nachfrage wirken sich entscheidend auf den Preis aus. Wer sich ein wenig umsieht, stößt mit etwas Glück auf überraschend günstige Angebote.

Falsch: Gute Bewertungen bedeuten echte Klasse
Richtig: Bei Blindverkostungen liegen häufig Weine von Nischenwinzern vorne, die von Parker, Gault Millau, Eichelmann & Co schlicht ignoriert werden.

4. Der Rotwein und die ominöse Zimmertemperatur

Woran mag es wohl liegen, dass die Idee, Rotwein sei am besten als lauwarme Plörre zu genießen, immer noch durch viele Köpfe spukt? Die nicht sehr präzise Angabe "Zimmertemperatur" stammt aus längst vergangenen Epochen, in denen kaltes feuchtes Mauerwerk das Klima in ungeheizten Räumen bestimmte. Je wärmer ein Wein wird, desto mehr schmeckt der Alkohol durch und verdrängt feinere Nuancen. Kräftige Rotweine entfalten ihr Bouquet optimal mit 16 bis 18 Grad Celsius, leichtere, tanninarme Rotweine mit 14 bis 16 Grad. Alle anderen Weine schmecken kühler am besten.

5. Gute Tropfen gibt es nur im Weinladen oder beim Winzer

Weil Personal- und Raumkosten wegfallen, können fachkundig geführte Online Weinshops wie Fimiwo.de viele edle Gewächse zu sehr interessanten Konditionen anbieten.

Diese Liste ließe sich um Einiges verlängern. An einer Wahrheit allerdings bleibt nichts rütteln: "Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken." (Johann Wolfgang von Goethe)