Die Sonntagsgärtner
Die Sonntagsgärtner
jurgko

Humor

Die Sonntagsgärtner

Sonntagsgärtner

Man wühlt und wühlt und vergisst vor lauter Gartenarbeit das Giessen, nicht das der Pflanzen, nein, der eigenen Kehle, weil wieder einmal kein Gartenfreund kam, um fünf Minuten Pause zu rufen. Eh man sich versieht, ist die Woche vorbei.
Endlich hatte ich Zeit, für die nicht so eiligen Arbeiten, Rasen mähen oder häckseln. Aber es war  Sonntagvormittag, Sonnenschein und eine wunderbare Stille. Nur das Zwitschern der Vögel war zu hören. Sogar eine Nachtigall machte die Nacht zum Tag und ließ ihr langgezogenes Üjüüüüi ertönen. Nein, dies wunderbare Naturstimmung durfte man nicht stören. So hielt ich die Sonntagsgartenordnung ein und fummelte mal hier und dort herum, bewunderte die Kirschbäume, deren Zweige über und über mit Blütenschnee bedeckt waren.


Ich fühlte mich wie im Paradies. Auf einmal erschien am azurblauen Himmel ein großes weißes Monster mit aufgerissenen Krokodilmaul und spitzen Zähnen mit Krallenpfoten und- Füßen und großen Flügeln und schwebte gemächlich über mich hinweg. Ein seltsamer Dämon. Ist ja nur eine Wolke, beruhigte ich mich und nahm das himmlische Omen nicht ernst.
Doch wenig später, pünktlich fünf vor Zwölf, wie konnte es auch anders sein, wurde mein Gartenparadies zur Hölle. Schon brummte das erste Gartenauto daher, Räder drehten sich durch, Steinchen flogen über mein Gartenzaun und eine graue Staubwolke zog wie bei einer Dampflok über meine Gartenlaube in Nachbars Garten. Endlich, keine fünf Meter hinter meinen Gartenzaun, hatte sich  der kleine Trabi für den der große, leere Parkplatz scheinbar zu klein war, eingeparkt. Eine halbe Minute Ruhe. Eine Amsel flötete. Plötzlich glaubte ich, es wäre Silvester. Bum! Bum! Bum! Krachte  es, dass es sogar die Orchideen oben dem Muschelkalkberg hörten. Es bumste ein-, zweimal und noch mehr, ich zählte elfmal. Erstaunlich wie viele Türen so ein kleiner Trabi hat. Schon marschiert eine ganze Familie, an der Spitze zwei Kinder, jedes mit einer Torte, dann Papi mit einem klirrenden Bierkasten und Mutti mit vielen Taschen bepackt, quer an meinem Gartenzaun an dem Weg entlang. Mutti schrie: Passt auf die Torten auf, haltet sie gerade!
Vati brüllte: Wie kannst du die Kinder die Torten tragen lassen!
Keine fünf Minuten später kam der neue Gartennachbar, der brauchte nur drei Türkracher, um auszusteigen. Als er vorbeiging, guckte er mich kurz an, überlegte, ob er mich grüßen wollte oder sollte, ging dann grußlos vorbei.. Ich grüßte hinterher. Das machte ihn wütend, denn schon nach drei Minuten hämmerte er wild Tomatenpfähle in die Erde. Schon brausten die Nächsten heran, gleich drei Autos hintereinander. Wieder war Silvester: es krachte und donnerte unaufhörlich. Dazu hämmerte der Nachbar. Ich guckte schon gar nicht hin, wer da so einen Krachveranstaltete, sonst hätte ich mich noch mit den Sonntagsruhestörern in die Haare gekriegt. Denn diese Hintergärtner können es gar nicht verstehen, wie man sich da  vorne wegen so einer Lappalie  aufregen kann.

Endlich war wieder das Flöten der Amseln zu hören, aber wieder nur drei Minuten. Nun heulte ein Häcksler los. Der Nachbar stimmte mit dem Hammer ein. Dann schaltete sich Doktor Hans, der sich ohne Auto in den Garten geschlichen hatte, mit seinem Mähdrescherunüberhörbar ein.
Während alle Gartenfreunde ihren üppigen Sonntagsbraten lärmend abarbeiteten, war mir der Appetit vergangen. Ich sehnte mich nach einem kleinen Nickerchen, was ja bei dem neuen Anrollen, Einparken und Türenkrachen und Mähdrescherlärm unmöglich war. Nicht einmal zum Sonntag, gönnen einem diese Sonntagsgärtner ein bisschen Mittagsruhe.