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Gefangen im eigenen Körper

Die Diagnose des Arztes ist nahezu ein sicheres Todesurteil: Locked-in-Syndrom, jene gespenstische Krankheit, die einen Menschen innerhalb von Stunden in einen lebenden Toten verwandelt.

Locked-In heißt übersetzt sehr zutreffend „Eingeschlossen“. Die Betroffenen sind bei völlig erhaltenem Bewusstsein vollständig gelähmt und dadurch unfähig, über Sprache, Mimik oder Gesten zu kommunizieren. Die Gesichts- und Zungenmuskulatur kann nicht mehr angesteuert werden. Selbst der Schluck- und der Würgereflex sind ausgefallen.

Gefangen im eigenen Körper
Gefangen im eigenen Körper

Wahrnehmung bleibt erhalten

Lediglich die vertikale Augenbeweglichkeit und der Lidschlag bleiben bei der das Syndrom verursachenden Schädigung im Bereich des sogenannten Pons erhalten. Sie sind der einzige Weg der Verständigung zwischen dem Patienten und seiner Umgebung. Wenn auch diese verloren gegangen ist, ist die Verwendung eines Brain-Computer-Interfaces die letzte verbleibende Möglichkeit, dem Betroffenen die Kommunikation mit der Außenwelt zu ermöglichen. Der Hörsinn ist völlig intakt. "Ja"-"Nein"-Fragen sowie "und"-"oder"-Fragen kann also jeder Patient mit einem Augenzwinkern beantworten.

Das Locked-in-Syndrom ist vom Wachkoma abzugrenzen, da das Bewusstsein des Patienten größtenteils erhalten bleibt. Er ist meist genauso aufnahmefähig wie ein Gesunder. Er kann alles in seiner Umgebung hören und verstehen, kann sich aber nicht auf herkömmliche Weise mitteilen. Die Patienten sind auch mit einem kompletten Locked-in Syndrom bei Bewusstsein und wach, obwohl sie die Möglichkeit ihre Muskeln einschließlich der Sprechmuskeln zu kontrollieren verloren haben.

Ursachen für das Locked - in - Syndrom

Das Locked-in- Syndrom wird durch eine Schädigung der ventralen Pons, meist durch einen Schlaganfall, eine Blutung oder durch ein Schädelhirntrauma aber auch durch degenerative Erkrankungen wie ALS verursacht. Andere Ursachen sind Traumen, Multiple Sklerose, Vergiftungen und Manipulationen beim "Einrencken".

Die Krankheit ist vermutlich so alt wie die Menschheit, doch früher wurden Betroffene unter anderem als "scheintot" bezeichnet. Obwohl das Locked-in-Syndrom selbst klinisch eindeutig definiert ist, zeigen eine ganze Reihe von Erkrankungen ein fast identisches Erscheinungsbild (z. B. Muskelschwund oder andere Muskelerkrankungen). Die häufigste Ursache ist ein Schlaganfall in Form eines Stammhirninfarktes, wie er zum Beispiel durch eine Basilaristhrombose hervorgerufen wird.

Gefangen und dennoch glücklich

Gefangen im eigenen, kraftlosen Körper, ständig angewiesen auf Überlebenshilfe durch Menschen und Maschinen - das Schicksal von Patienten mit dem seltenen Locked-In-Syndrom erscheint extrem schwer zu ertragen. Vollständig gelähmt, verfügen sie gleichzeitig über einen wachen, voll funktionsfähigen Geist. Eine neue Befragung belgischer Mediziner bestätigt nun, was Fachleute seit langem betonen: Viele der im eigenen Körper Eingeschlossenen sind durchaus glücklich, trotz ihrer schwierigen Lebensumstände.