Rosi

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Mephisto - Zur Teufelsgestalt in Goethes Faust

1. Einleitung

Entstehung

Urfaust (1173 - 1775)

Faust - Der Tragödie erster Teil (1808)

Faust - Der Tragödie zweiter Teil (1831)

Teufelsbild der Zeit

  • Teufel als Mahner vor dem Herrn
  • Teufel als Sprachrohr für Gesellschafts-/Religionskritik
  • Verweltlichung der Hölle
  • Geistiger Aufschwung der Hölle

2) Inhalt

In "Prolog im Himmel" schließen Gott und Mephisto eine Wette darüber ab, ob Mephisto es schaffen wird Faust von Gott abzubringen und zum Bösen zu verführen. Faust wird von Gott ins Gespräch gebracht und Mephisto schlägt die Wette vor.

Im "Studierzimmer II" schließen Mephisto und Faust einen Pakt, der von Faust mit Blut besiegelt werden soll. Faust verwandelt den Pakt aber noch vor Abschluss in eine Wette und hat so die Möglichkeit auf Erlösung. Mephisto soll Faust im Diesseits jeden Wunsch erfüllen und dienen, wenn Faust nach seinem Tod dasselbe für Mephisto im Jenseit tut.

3) Teufelsmotiv/Teufelstypus

  • Motiv des Teufelsbündners; Mephisto als Verführer des Menschen Faust
  • Gott und Mephisto nicht im dualistischen Sinn gleichrangig nebeneinander gestellt, sondern Unterordnung Mephistos (Prolog im Himmel)
  • Mehrere Stränge in Gestaltung des Teufels
  •  * ernsthaft-unheimlicher Teufel
  •  * spöttischer/komischer Teufel
  • * positiver, psychologisierter, vermenschlichter Teufel

wichtig: Affektwirkung auf den Menschen/textimmanentes Verhalten des Menschen zum Teufel

Mephisto vereint Züge unterschiedlicher Typen; ist mit keiner zuvor da gewesenen Teufelsgestalt vergleichbar;

= individueller Teufel, der keine alten Teufelsmerkmale mehr aufweist und andere Namen ablehnt

Bsp: "Seh ich den Junker Satan hier? Den Namen, Weib, verbitt ich mir! Warum [...] Er ist schon lang ins Fabelbuch geschrieben." (2504-07)

4) Teufelsgestalt/-charakter

Äußeres:

Mephisto tritt in verschiedenen Gestalten auf, wober er oft Menschengestalt annimmt:

  • als schwarzer Pudel (in "Vor dem Tor" und "Studierzimmer I")
  • als Student (in "Studierzimmer II")
  • als Junker (mit Hahnenfelder) (in "Studierzimmer II")
  • ansonsten meistens als "normaler" Mensch

Seine wahre Gestalt wird nur vage anhand einzelner Merkmale beschrieben:

  • in "Hexenküche" in rotem Wams mit Hahnenfeder
  • in "Walpurgisnacht" mit Pferdefuß
  • Teufelsmerkmale wie "Hörner, Schweif und Klauen" (2498) erklärt Mephisto selbst für veraltet

Versuch einer Charakterisierung:

Mephisto über sich:

  • Er sei "Ein Teil von jener Kraft / Die stets das Böse will und stets das Gute schafft" (1335-36)
  • "Ich bin der Geist, der stets verneint!" (1338) --> Theodizee
  • "Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war / Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar" (1349-50) --> Theodizee
  • Vor Gott zählt er sich zum Gesinde (274)
  • Er kann der Welt und der Menschheit keinen entscheidenden Schaden (etwas durch Naturkatastrophen) zufügen
  • Er sagt, er habe sich "die Flamme vorbehalten" (1377) --> Prometheus
  • Nennt sich "Der Herr der Ratten und der Mäuse, / Der Fliegen, Frösche, Wanzen, Läuse" (1516-17)

 Aufschlussreiche Äußerungen Mephistos:

  • Das Universum ist in seinen Augen in ein hierarchisches System unterteilt, indem erst Gott, dann die Menschen und dann er und sein Gefolge kommen (1782-84)
  • Mephisto äußert sich fast konstant verachtend gegenüber der Schöpfung, doch nennt sie an anderer Stelle auch "was Gescheites" (2443), was ironisch sein kann
  • Er verachtet auch die Natur, bzw. kann Fausts Naturverehrung nicht verstehen
  • Ähnlich ambivalent sind seine Äußerungen zur Vernunft: In "Prolog im Himmel" deutet er an, dass der Mensch seine Vernunft nur missbraucht (283-86), doch bei Faust wünscht er sich nichts mehr, als ihm die Vernunft auszutreiben (1851-55), denn Vernunft bedeutet freier Wille, die Wahl sich gegen ihn und für Gott zu entscheiden und so würde er seine Wette verlieren.

Sonstiges:

  • Das Wort "Schalk" wird von Gott selbst eingeführt, als er in "Prolog im Himmel" sagt: "Ich habe deinesgleichen nie gehaßt./Von allen Geistern, die verneinen/Ist mir der Schalk am wenigsten zu Last" (337-39). Laut Gaier ist Schalk ein mittelhochdeutsches Wort, das "Knecht" bedeutet. Goethe benutzt es auch für einen, der seinen Freunden gegenüber tükisch und böswillig ist
  • Dazu passt Mephistos Verhalten, denn er manipuliert die einzelnen Figuren, verdreht Tatsachen oder erfindet einfach Lügen (wie den Tod von Marthes Mann) und treibt Faust immer wieder aufs Neue an, wann immer dieser zur Vernunft zurück zu kehren scheint
  • So bringt er ihn u.a. dazu Gretchens Bruder zu erstechen
  • Ansonsten erfahren wir, dass Mephisto Untertanen hat (Hexe, Katzen, Geister, etc...)
  • Oft erscheint er mehr als schwarzer Magier und Zauberer, als Teufel, z.B. als er zunächst nicht am Drudenfuß in Fausts Studierzimmer vorbei kann
5) Szenen

5.1) Studierzimmer I/Paktszene

Charakterisierung Mephistos durch eigene Rede:

  • Nihilist: "Ich bin der Geist der stets verneint!" (1338). Der Teufel als Mahner vor dem Herrn entfernt den Menschen nicht gleich von Gott sondern ermuntert zur Hinterfragung von Gottes Absichten;
  • Dämonischer Teufel: "du bist noch nicht der Mann den Teufel festzuhalten!" (1509) "Herr der Ratten" (1516)
  • "Ein Teil von jener Kraft die stets das Böse will und stets das Gute schafft." (1335-36)
  • "Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war, Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar, ..." (1349-50)

Faust als Pantheist; glaubt an Geister, hält jedoch trotzdem am Bild des Vatergottes fest. Reaktion des Pudels auf Rede Fausts wenn er über Gott spricht

5.2) Prolog im Himmel

  • Vor Goethe begannen Teufelsgeschichten oft mit einem Vorspiel in der Hölle, ein Prolog im Himmel war damals neu
  • "Prolog im Himmel" öffnet den Rahmen für "Faust", der auch im Himmel endet (Faust II)
  • Von den drei Erzengeln Raphael, Gabriel und Michael erfährt man von der wunderbaren Schöpfung und dem Kreislauf der Erde und der Planeten. Durch den Lobgesang der Engeld wird ein Bild der Harmonie geschaffen, das vom respektlosen Auftreten Mephistos unterbrochen wird
  • Die Schöpfung wird zwar im Engelsgesang beschrieben, über die Schöpfungsgeschichte gibt es aber keine genauen Angaben, doch Mephistos Satz zu Gott "... Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst" (273) scheint auf die Situation vor seinem Fall anzuspielen
  • Indem Gott die Sprache auf Faust bringt, scheint er Mephisto besonders herauszufordern, da dieser Faust aufgrund seiner Unzufriedenheit für ein leichtes Opfer hält
  • Gott ist sich seiner Sache jedoch sehr sicher, da es in der Natur des Menschen liegt, zu irren: "Es irrt der Mensch, solang' er strebt" (317) --> im Endeffekt positive Wirkung des Bösen