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Wir brauchen die Eisenbahn

Warum der Bus die Bahn nicht ersetzen kann

Zahlreiche ehemalige Bahnverbindungen wurden durch Buslinien ersetzt. Busse können jedoch keinen angemessenen Ersatz für Bahnlinien bilden, sondern sind als Ergänzung für die Feinverteilung der Fahrgäste von und zum Bahnhof sinnvoll. Wenn eine Bahnlinie nicht mehr mit Zügen, sondern durch Busse bedient wird, sinkt regelmäßig die Akzeptanz des ÖPNV. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe.

Busse sind weniger bequem und meistens langsamer
In Bussen können Fahrgäste nicht aufstehen und sich die Beine vertreten, sondern sie müssen während der Fahrt sitzen bleiben, was wesentlich unbequemer als eine Bahnfahrt ist. Zudem brauchen Busse regelmäßig längere Fahrzeiten als Züge, wovon nur wenige schlecht hergerichtete Strecken ausgenommen sind. Diese lassen sich durch Modernisierungen aber leicht beschleunigen. Zusätzlich macht es Autofahrern keinen Spaß, vom Auto auf den Bus umzusteigen und im selben Stau wie vorher zu stecken. Mit der Bahn fahren sie am Stau vorbei.

Für Touristen sind Busse ungünstig
Wenn Urlauber ihr Ziel nicht mit der Bahn erreichen können, sondern für das letzte Teilstück auf einen Bus umsteigen müssen, wird fast immer der Kauf eines weiteren Fahrausweises erforderlich. Dieser Nachteil ließe sich durch die Einbindung von Buslinien in den Bahntarif zwar aufheben, tatsächlich erfolgt dieser extrem selten. Eine Pflicht, alle auf ehemaligen Bahnstrecken verkehrenden Buslinien in den Bahntarif zu integrieren, wäre sinnvoll und sollte leicht verwirklichbar sein – schließlich gibt es entsprechende Verträge auch auf allen von Privatbahnen betriebenen Strecken, auf welchen auch Fernfahrausweise anerkannt werden. Es gibt sogar Buslinien, für welche entsprechende Verträge gelten. Angesichts des zunehmend beliebter werdenden Fahrrad-Tourismus können Busse aber auch nach entsprechenden Vertragsabschlüssen Zugverbindungen nicht vollwertig ersetzen, denn die meisten Busse befördern keine Fahrräder. Die Möglichkeiten für Fahrradanhänger oder Platz für Räder in Bussen sind eingeschränkt, während die Bahn problemlos Fahrräder transportieren kann. Der dort gelegentlich zu beobachtende Platzmangel für Fahrräder lässt sich leicht beseitigen, denn selbst ein VT 628 kann einen Güterwagen voller Fahrräder ziehen.

Zu wenig Platz für junge Eltern im Bus
Je nach Größe des Kinderwagens passen nicht alle mitfahren wollenden Eltern in den Bus. Das Problem lässt sich zwar durch die Benutzung eines zusammenklappbaren Kinderwagens und dem Tragen des Kindes während der Fahrt verringern – aber, ist es wirklich angemessen, Eltern wegen der Busbenutzung zur Anschaffung eines zusätzlichen Sportkinderwagens zu zwingen?

Busse statt Bahnen schließen Behinderte vom ÖPNV aus
In fast allen Bussen ist nur für einen Rollstuhl Platz, so dass Rollstuhlfahrer-Paare nicht gemeinsam mit dem Linienbus fahren können. Wenn der Rollstuhlplatz bereits besetzt ist, müssen weitere Rollstuhlfahrer auf die Mitfahrt verzichten und je nach Fahrplan stundenlang auf den nächsten Bus warten – wenn sie überhaupt noch wegkommen. Des Weiteren stellt der Bus an chronischen entzündlichen Darmerkrankungen leidende Fahrgäste vor unüberwindbare Probleme. Mit einer aktiven Colitis ulcerosa oder einem aktiven Morbus Crohn mehrere Stunden im Bus zu fahren, geht wortwörtlich in die Hose. Der Einbau von Toiletten in Regionalbusse ist wegen des damit einhergehenden Platzverlustes nicht immer möglich. Da auf Grund der im Durchschnitt älter werdenden Bevölkerung und der Zunahme einiger Behinderungen immer mehr Menschen keine Busse nutzen können, ist die Einstellung von Bahnverbindungen für die Mobilität dieser potentiellen Fahrgäste katastrophal. Damit jeder Mensch über eine angemessene Möglichkeit zur Mobilität verfügt, müssen dringend Bahnstrecken und an aktuell betriebenen Strecken stillgelegte Bahnhöfe wiedereröffnet werden. Je länger Bahnstrecken und Bahnhöfe unbenutzt bleiben, desto teurer wird die Wiederinbetriebnahme einer Strecke durch die Eisenbahn.