lena l.

Über Mich

Wie es ist, die Familie einzuweihen

Ganz oder gar nicht … oder ein bisschen

Erst kürzlich sagte man mir, ich würde mich nicht zum Lügner eignen. Das mag sein. Ich neige zu einem unheimlich schlechten Gewissen, wenn ich glaube etwas Falsches zu tun. Auch Notlügen gehören dazu. Die Lösung aus diesem Dilemma ist entweder gar nichts zu sagen, nicht alles zu sagen oder zu lügen und an schlechtem Gewissen zu sterben. In den meisten Fällen tendiere ich zu den ersten beiden Möglichkeiten.

Nun hat sich in den vergangenen Wochen Einiges bei mir getan: Ich musste mir eingestehen, 1. dass mich meine Arbeit krankgemacht hat und mich innerlich auffrisst und 2. dass ich nicht versage, nur weil ich die Notbremse ziehe und kündige. Nach meinem letzten Arbeitstag plagen mich nun immer wieder Albträume, doch irgendwo hatte ich gehört, dass es stressgeplagten Menschen an den ersten Urlaubstagen ähnlich ergeht, sodass ich hoffe, bald damit abzuschließen. Freunde und Kollegen hatte ich in meine Situation eingeweiht, die einzigen Personen, die nichts von meiner Situation wussten, war meine Familie. Wieso? Ich hatte Angst ihren Erwartungen nicht zu entsprechen.
 

„Oh du Fröhliche“ oder der Osterkaffee

Feiertage bringen es meist mit sich, die ganze Familie zu treffen. Das hat Vor- und Nachteile: Man erfährt den neuesten Klatsch und man wird über seine Lebenssituation befragt. In meiner Situation war die entscheidende Frage: Was sage ich, wenn ich nach meinem Job gefragt werde? Bisher bin ich ausgewichen … „Der Job? … ähm … die Stadt ist toll!“ Nur war mir klar, dass ich das auf Dauer nicht machen kann und lügen kann ich nun einmal nur schwer. Daher legte ich mir einen Notfallplan zurecht:

  1. Ich antworte nur auf das, was ich gefragt werde (da ich nie sonderlich gesprächig bin, fällt das nicht weiter auf),
  2. Ich gebe zu, dass ich an Burnout leide,
  3. Die Kündigung wird verschwiegen, vielmehr bin ich die nächsten Wochen „krankgeschrieben“, und ja, ich sehe mich nach einem neuen Job um.

Das Mittagessen an Ostern lief widererwarten gut ab … ich erzählte enthusiastisch von meinem neuen Wohnort und all die Möglichkeiten, die sich dort bieten: Auf der Arbeit ist viel zu tun … aber die vielen Museen, die ich in der neuen Stadt besuchen kann! Der Kaffee im Anschluss, im kleinen Kreis, war schwieriger und irgendwann war ich an der Reihe. Mein Onkel sprach mich darauf an.

Meine Köpersprache tat das eine und mein zartes Stimmchen das andere. Es rückte zaghaft mit der Sache heraus. Allerdings zu zaghaft, dass meine schwerhörigen Großeltern ein Wort davon verstanden hätten. Ich hatte das Gefühl die übrige Verwandtschaft war irgendwie schockiert. Zuerst ein kurzes Schweigen, dann die Nachfragen, was Burnout sei und wie ich es erlebe. Ich sagte das, was ich musste. Wie gesagt sie standen irgendwie neben sich. Denn änderte sich zwar später das Gesprächsthema, wurde ich noch 1-2 Mal unerwartet darauf angesprochen. So als ob es dem einen oder anderen erst langsam bewusst wurde, was ich soeben gesagt hatte.

Dieses Gefühl werde ich auch ein paar Tage danach noch nicht los. Ich frage mich, ob ich es anders hätte angehen sollen. Auf der anderen Seite habe ich nun einen kleinen Teil meiner Familie für das Thema sensibilisiert, und außer meinen schwerhörigen Großeltern wird sie nicht aus allen Wolken fallen, sollte ich bald die vollständige Wahrheit sagen.
 

Was zuvor geschah ...

... die Kündigung.

... der letzte Arbeitstag.