Der Herbst des Patriarchen von Gabriel Garcia Marquez
Der Herbst des Patriarchen von Gabriel Garcia Marquez
Rosi

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Der Herbst des Patriarchen von Gabriel Garcia Marquez

Textanalyse

Màrquez will in Der Herbst des Patriarchen keine bestimmte Diktatur ins Visier nehmen, sondern den "Mythos" des in der lateinamerikanischen Geschichte immer wiederkehrenden Diktators erzählen. Diese Absicht unterstreicht Màrquez, indem er dem Patriarchen keinen Namen gibt und es außerdem unmöglich macht dessen genaues Alter zu bestimmen. Vielmehr lässt er den Diktator die gesamte Geschichte Lateinamerikas, von der Ankunft Kolumbus 1492 bis in die Moderne des 21. Jahrhunderts, durchleben.

Auch seine Angaben zum Ort der Handlung lassen auf kein konkretes Land schließen. Sie widersprechen sich sogar mehrmals und so kämen u.a. die Bahamas, die Antillen, Panama, Venezuela und Kolumbien als Handlungsort in Frage.

Erzähler

Beim ersten Leseeindruck wird der Leser mit einem Chor von Erzählern konfrontiert. Bei genauerer Analyse stellt sich dann heraus: Es gibt einen heterodiegetischen Erzähler, der seine Figuren in indirekter und direkter Rede zitiert. Aufgrund der fehlenden Interpunktion, fällt die Unterscheidung zwischen Figuren- und Erzählerrede schwer und ist eigentlich nur durch Merkmale wie Pronominal- und Tempuswechsel möglich.

Außerdem nimmt der Erzähler ganze Berichte der Figuren in seinen Diskurs mit auf. Diese so genannten erzählenden Figuren berichten dann in der ersten Person Singular oder Plural, retrospektiv über bestimmte Ereignisse an denen sie teilhatten. Auch hier wird der Unterschied zwischen Erzähler- und Figurenbericht nicht durch Interpunktion deutlich. Mal abgesehen vom Patriarchen und seiner Mutter, handelt es sich bei den erzählenden Figuren um Randfiguren oder Sprecher einer Gruppe aus dem direkten Umfeld des Patriarchen (Offiziere, Berater, Beamte, Marktleute). Sie gehören dem Volk an und der Erzähler zitiert sie um seinen Erzählbericht zu bezeugen. Zusätzlich kommt es zu Berichten aus einer nicht eingrenzbaren Gruppe aus dem Volk. Hier tritt das Volk des Patriarchen als Kollektiv-Figur auf.

Interpunktion und drucktechnische Gliederung

Der Roman ist in sechs Kapiteln gegliedert, die aber nicht nummeriert sind. Ansonsten gibt es keine Absätze oder Ähnliches. Die Verwendung der Kommas ist unauffällig, allerdings nimmt die Verwendung von satzbegrenzenden Punkten im Laufe des Textes stark ab. Des Weiteren werden keinerlei andere Interpunktionszeichen, wie Fragezeichen, Ausrufezeichen, Doppelpunkt oder Bindestrich verwendet. Diese Vorgehensweise gibt dem Text den Charakter einer mündlich vorgetragenen Erzählung.

Anzahl der Seiten pro Kapitel 1-6: 41, 40, 38, 39, 48, 52

Anzahl der Sätze pro Kapitel 1-6: 31, 25, 19, 18, 15,  1

Handlungsstruktur

Die Handlung besteht aus zwei Strängen: einem Haupthandlungsstrang und einem Nebenhandlungsstrang. Zusätzlich kann für den Haupthandlungsstrang eine vierteilige Vorgeschichte rekonstruiert werden.

Der Haupthandlungsstrang umfasst den letzten Lebensabschnitt des Patriarchen, seinen Herbst. Haupthandlungsträger ist der Patriarch. Er beginnt mit der Entdeckung von Patricio Aragonès, dem Doppelgänger und endet mit dem Tod des Patriarchen.

Im Laufe der Handlung treten unterschiedliche Nebenfiguren auf, die es ermöglichen die Handlung in 6 Segmente zu unterteilen. Diese entsprechen dann auch den Kapiteln in die der Text eingeteilt ist.

01. Kapitel: Patricio Aragonès

02. Kapitel: Manuela Sàchez

03. Kapitel: Rodrigo de Aguilar

04. Kapitel: Bendiciòn Alvarado

05. Kapitel: Leticia Nazareno

06. Kapitel: Josè Ignacio Seanz de la Barra

Vorgeschichte:

01. Geburt und Kindheit des Patriarchen

02. Patriarch nimmt an zahlreichen Bürgerkriegen teil und übernimmt nach dem Selbstmord seines Vorgängers die Macht

03. erste Zeit seiner Regierung, die so genannten "guten Zeiten"

04. Besetzung des Landes durch ausländische Truppen (USA)

Der Nebenhandlungsstrang wird bestimmt von der Gruppe, die in den Präsidentenpalast eindringt, eine Leiche findet und versucht ihre Identität zu bestimmen. Die zeitliche Ausdehnung dieser Handlung sind ca. 24 Std. Die Handlung beginnt am Montag morgen und endet am Dienstag morgen. Die Zeit nach dem Tod des Patriarchen ist also eine "zählbare" Zeit. Im Gegensatz zu der "unzählbaren Zeit der Ewigkeit" seiner Herrschaft. Auch der Nebenhandlungsstrang teilt sich in 6 Sequenzen, die jeweils zu Anfang des Kapitels auftauchen.

Die chronologische Ereignisfolge:

Vorgeschichte >>> Haupthandlung >>> (Tod des Patriarchen) >>> Nebenhandllung vor dem Tod des Patriarchen >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>nach dem Tod des Patriarchen

Anordnung der Handlungssequenzen

Die Handlungsstränge an sich werden linear-chronologisch wiedergegeben, aber sie werden anachronisch zueinander in Beziehung gesetzt.

Jedes Kapitel beginnt mit einer Sequenz der Nebenhandlung und geht dann nach einer längeren Textpassage über in eine Analepse, in der eine Sequenz der Haupthandlung erzählt wird. Auf die Vorgeschichte wird besonders in den längeren Übergangspassagen zwischen den zwei Handlungssträngen eingegangen.

Die so entstehenden sechs Analepsen bilden "eine Art Spirale", die sich um den Tod des Patriarchen dreht. Diese Struktur soll die Idee der Unendlichkeit unterstreichen. Der lateinamerikanische Diktator als zyklisch wiederkehrendes Phänomen.