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Erziehung & Kinder

Kinder als Armutsrisiko – vor allem durch Scheidung und Trennung

Scheidung und Trennung führen vor allem dann, wenn Kinder vorhanden sind, nicht selten in finanzielle Not. Vor allem Mütter, die wegen der Kinder zeitweise auf Erwerbstätigkeit verzichtet haben, haben später auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen mehr und müssen sich mit schlecht bezahlten Arbeitsstellen über Wasser halten und/oder kommen mit dem, was sie durch Halbtagsstellen verdienen kaum über die Runden. Hierdurch werden Kinder für viele zum Armutsrisiko.

Kinder als Armutsrisiko – vor allem durch Scheidung und Trennung
Kinder als Armutsrisiko – vor allem durch Scheidung und Trennung

Wegen Kindern in schlecht bezahlter Arbeit = Armutsrisiko

„Als meine jüngste Tochter im Kindergartenalter war, nahm ich wieder Anlauf, um auf dem klassischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ich habe mich in einem Jahr auf etwa siebzig ausgeschriebene Stellen beworben – und wurde nicht ein einziges Mal auch nur zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Daraufhin entschloss ich mich, einen 400-Euro-Job anzunehmen in der Hoffnung, darüber womöglich in eine besser bezahlte Stellung zu „rutschen“. Doch auch das hat nicht geklappt. Dies lag wohl vor allem daran, dass auf meiner Visitenkarte, die ich für diesen Job erhalten hatte, „Geschäftsführung“ stand. Ich war die Geschäftsführung eines kleinen Vereins, der im Interkulturellen Bereich tätig war. Ich hatte Verantwortung und bin den Ansprüchen, die andere und ich selbst an diese Position stellten, auch mehr als gerecht geworden. Ich hatte endlich ein Etappenziel erreicht: eine Stelle, die meinen Qualifikationen entsprach. Leider waren die 400 Euro eher eine Demütigung als ein Arbeitsentgelt. 

Das Leben mit Kindern treibt über gesellschaftliche Bedingungen in Armut

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich einmal zweifelnd zu meinem Mann meinte: „Ich weiß nicht, ob das die richtige Entscheidung war. Jetzt habe ich nicht nur die Verantwortung für unsere Geldnot, sondern muss auch noch für die Finanzen des Vereins Sorge tragen.“ Ich habe dies dennoch gerne getan und fleißig Anträge gestellt. Nur wer sich mit Projektarbeit in Vereinen auskennt, weiß, wie viel Energie in die unzähligen Anträge fließt, von denen meist nur ein Bruchteil positiv beschieden wird. Zwar sollte ich laut Arbeitsvertrag nur 12 Stunden wöchentlich im Büro tätig sein, doch wer Vereinsarbeit kennt weiß, dass viele Arbeiten außerhalb der Geschäftszeiten erledigt werden: da finden Vereinssitzungen statt, da muss dem Prinzip „Sehen und gesehen werden“ Rechnung getragen werden, und das Angebot an Abendkursen (Programmangebote des Vereins) muss auch reichlich sein – also arbeitet man ehrenamtlich viele Stunden mehr als vorgesehen."

Immer mehr habe ich daran geglaubt, dass ich alleine an meiner Lebenssituation schuld bin: ich hatte einfach den falschen Mann geheiratet und fälschlicher Weise daran geglaubt, dass diese Ehe endlos hält, ich habe daran geglaubt, dass es richtig ist, erst einmal auf Erwerbstätigkeit zu verzichten, bis ich mit Anfang 40 offensichtlich schon zu alt für den Arbeitsmarkt war … usw. – meine Art meiner Lebensbetrachtung trieb mich schließlich in eine psychosomatische Klinik.

"Lange Zeit habe ich darüber nachgedacht, ob meine persönliche Situation meine gesellschaftliche Kritik rechtfertigt. Immer wieder habe ich darüber nachgegrübelt, ob ich an meiner Situation nicht einfach selbst schuld bin. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich zwar einiges selbst zu verantworten habe, einiges aber dennoch nicht „hausgemacht“, sondern „gesellschaftsbedingt“ ist.“

Über die Zusammenhänge, die nicht durch meine Person sondern äußere Gegebenheiten, gesellschaftliche Zusammenhänge, in mein Leben eingegriffen haben, habe ich ein Buch geschrieben und veröffentlicht – dies mit dem Anliegen anderen Menschen zu helfen, damit diese nicht durch ihrer Lebenssituation ausschließlich an sich zweifeln. Das Buch trägt den Titel: Hartz IV und Co.: Wie unsere Gesellschaft Armut provoziert – und wie Betroffene ihre Würde bewahren. 

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