Dominika

... schreibt einen THRILLER/Heftroman: Eine Frau im Spiegel

NATALIE BECHTHOLD schreibt ...

Beschreibung: Dorothea ist auf dem Weg nach Hause, zu ihren Eltern. Ihre Heimreise führt über einen Wald, in nächtlicher Dunkelheit. Dort passiert das Unglück. Eine Radpanne. Notgedrungen findet sie eine Unterkunft in einem Schloss, während ihr einziger Begleiter, der Kutscher, bei seiner Kutsche bleibt.
Nicht ahnend, welches Geheimnis das Schloss von Windesloh verbirgt, bezieht Dorothea das Gästezimmer und erblickt beim Umziehen eine Frau im Spiegel. Eine Frau mit schneeweißem Haar.

Doch wer ist diese Frau?

Dieses Buch erzählt die Geschichte einer unglücklichen Frau, die sich gegen ihren Willen dem Wunsch ihrer Eltern beugt und einen Mann heiratet, der sie weder liebt noch schätzt.
Es ist die Geschichte von der Gräfin Caroline, dem Gespenst von Windesloh.

Ich lade Euch gerne ein meinen Kurzroman zu lesen.
Solange ich ihn bearbeite ist er für Jeden kostenlos.

Ich wünsche viel Spaß!
Natalie Bechthold

(Meine Homepage: nataliebechthold2014.jimdo.com)

Heftroman in einzelne Abschnitte geteilt - siehe Inhalt

Wer den Anfang verpasst hat: http://www.bookrix.de/_ebook-natalie-bechthold-eine-frau-im-spiegel/

NATALIE BECHTHOLD schreibt ...
NATALIE BECHTHOLD schreibt ...

Eine Frau im Spiegel

Inhalt

Im Schloss von Windesloh        Abgeschlossen

Die Frau aus dem Spiegel         Abgeschlossen

Caroline Die Gräfin von Windesloh Abgeschlossen

Grüne Augen                               Abgeschlossen

Nachwort                              Abgeschlossen

Caroline Die Gräfin von Windesloh

Abschnitt 15

Nach wenigen Tagen

Und Caroline erkannte schon bald, dass ihre langersehnte Freiheit keine Freiheit war, sondern eine weitere Gefangenschaft, vor der es diesmal keine Flucht gab.

Die Mottenplage sprach sich im gesamten Schloss sehr schnell herum und ein oder anderer bekam Mitleid mit der jungen Gräfin, die dadurch ihre ganze Kleiderkollektion für den Sommer verloren hatte.
„Und auch das Hochzeitskleid“, ergänzte die Waschfrau, die es vor kurzem noch gewaschen und in den Kleiderschrank gehängt hatte.
„Ach, die Arme! Das ist doch so ein Erinnerungsstück“, sagte die Bügelfrau.
„Aber gut, dass der Graf von der Mottenplage wusste. Bestimmt wird er der Gräfin einige Kleider aus Spanien mitbringen.“
„Ja? Ist er etwa schon abgereist?“, fragte die Bügelfrau ein wenig verwundert.
„Ja, heute Morgen, hat mir Hermann erzählt.“
„Acha. Na dann hat unsere Gräfin einen noch größeren Grund zur Freude, wenn er wieder zurück kommt.“
„Mit Sicherheit“, lächelte die Waschfrau und verabschiedete sich von ihrer Freundin.
Denn auf sie wartete sehr viel Arbeit. Zehn verschiedenlange Vorhänge und mehrere Kleidungsstücke ihrer Mitarbeiter, die sie für heute zu waschen hatte. Und am besten war es, wenn sie jetzt damit anfing, wenn sie damit heute, am späten Abend, fertig werden wollte.

Caroline ging es heute anders. Sie vermisste ihr Hochzeitskleid nicht. Im Gegenteil, sie war sogar sehr froh es losgeworden zu sein. Was sie vermisste und den Fehler zu tiefst bereute, war die Freiheit, die sie jetzt gehabt hätte, wenn sie ihn anstatt umgebracht, eine weitere Flucht gewagt hätte. Jetzt, nach dem Mord an ihm durfte sie sich nirgends zeigen. Nicht auf Tanzveranstaltungen, Picknicks und auch nicht bei ihrer Mutter, die gleich sofort etwas ahnen wird, dass etwas nicht stimmt. Sie war schon sehr froh, dass Hermann das Gerücht losgelassen hat, dass Berthold ganz plötzlich nach Spanien abgereist ist. Auf eine Geschäftsreise, wie jeder hier jetzt glaubt. Doch werden sie dieser Lüge auch nach einem oder zwei Monaten glauben? Caroline wusste es nicht, aber hoffte es.
Caroline nahm ihr Kissen und warf es gegen die Wand. Doch das konnte ihre Wut, die sie gegen sich trug, nicht lindern. Nein, das Glück in der endlosen Einsamkeit hatte sie nicht gesucht, und doch gefunden.

Nun hatte Caroline sein Geld, sein Schloss, sein Personal, sein Land und alles, was darauf ist, aber glücklich wurde sie in der Abgeschiedenheit nicht. Das Wichtigste ist doch, ich habe von ihm Ruhe, versuchte sie sich immer wieder damit zu trösten.
Und den Kontakt mit ihren Eltern brach sie schließlich auch ab. Was hat es noch für einen Sinn?! Sie haben mich hier gewollt und hier werde ich bis zu meinem Lebensende bleiben müssen. Enttäuscht über ihr Schicksal schloss sie ihr Fenster, in ihrem neuen Zimmer des Westflügels und entfernte sich.
 

Seine grünen Augen

Abschnitt 1

Die Jahre gingen dahin. Caroline hasste ihr Leben. Es war so eintönig und langweilig, kaum zu ertragen. Jeder Tag glich dem anderen. Und Caroline glaubte nach mehr als vierzig Jahren mit dem ewigen Leben gestraft zu sein. Doch so war es nicht. Manch einer würde sagen, sie habe ein riesen Glück, so lange leben zu dürfen. Immerhin ist sie schon vierundneunzig Jahre alt. Wer erreicht schon das Alter. Nicht jeder.
Nach dem Mord an ihrem Gatten zog Caroline in den Westflügel, suchte sich das Zimmer ihrer längst verstorbenen Schwiegermutter mit altrosa Tapeten aus und verbot dem Personal auch nur einen Fuß in den Ostflügel zu setzten. Sehr merkwürdig, fand die Dienerschaft, aber stellte ihr keine Fragen.
Zu erst vergingen zwei Wochen, dann ein Monat und dann zwei, und langsam tauchten Fragen auf. Wo ist der Graf? „In Spanien.“ Wieso braucht er so lange? Er war doch sonst noch nie so lange weg. „Es ist etwas dazwischen gekommen.“ Geschäftlich? „Nein, er ist kurz vor dem Antreten der Rückreise krank geworden.“ Ist es sehr schlimm? „Ja.“ Besteht noch Hoffnung? „Ich fürchte nicht.“ Das tut mir aber leid. „Danke.“ So oder so ähnlich begann und endete das Gespräch mit einem der Bediensteten. Caroline drückte dazu noch ein oder zwei Tränen aus und war sehr erstaunt, wie leicht es war jemanden zu täuschen.
Nach zwei weiteren Wochen ließ sie das gesamte Personal im Foyer versammeln und verkündete ihnen, natürlich unter Tränen, dass ihr Herr, der Graf von Windesloh, in Spanien verstorben sei. „Was wird jetzt aus uns?“, fragte einer aus dem Küchenpersonal ganz mutig. Ja, nickte der eine oder andere.
Was wird aus uns?
Überrascht sah Caroline von der Treppe hinab, auf das gesamte Personal. Nicht einer oder eine verlor eine Träne über den Tod ihres Gatten. Stattdessen sorgten sie sich viel mehr um die Arbeitsstelle. Tja Berthold, irgendetwas hast du falsch gemacht. Zwar hat jeder seinen Befehlen gehorcht, jedoch ans Herz gewachsen ist ihnen der Herr nicht. Und somit werden sie dich nicht einmal vermissen. Vielleicht ist das auch mein Glück, dachte Caroline. Wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen weg und verkündete: „Alles bleibt so, wie es ist. Jeder behält seinen Arbeitsplatz.“
Erleichtert atmete der Küchenjunge aus. Caroline blieb es natürlich nicht unbemerkt, und wie lustig es auch aussah, nach einem Lächeln war ihr nicht.
Von nun an übernahm sie die Herrschaft über Windesloh.
Obwohl es keine Leiche gab, über die sie drei Tage eine Totenwache halten und ihn anschließend im Familiengrab beerdigen konnten, hielten sie trotzdem alle zusammen eine Denkminute am Familiengrab seiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. Caroline hielt eine kurze Rede und legte im Anschluss eine weiße Rose auf die kalte, graue Steinplatte mit seinem Namen. Von nun an war das Kapitel in ihrem Leben abgeschlossen und ein neues begann, aber, dass ihr auch schon bald nicht mehr gefiel.
 

Seine grünen Augen

Abschnitt 2

Spaziergang in die Vergangenheit

Es war am frühen Morgen, Caroline saß am Tisch und aß ihr Frühstück.
„Ach“, seufzte sie irgendwann.
„Geht es ihnen nicht gut, Herrin?“, fragte Hermann nicht von der Besorgnis erregt und schenkte ihr neuen Tee ein.
Wie sehr wünschte er sich ihren Tod herbei.
„Nein, nein, Hermann, mir geht es gut“, und brachte ein leichtes, unglückliches Lächeln zustande.
Jetzt verstand er sie. Es war wieder die Einsamkeit, die sie Tag für Tag, Jahr um Jahr, beinahe erdrückte. Und sie dennoch nicht sterben ließ. Ach, wie schön wäre es von hier endlich gehen zu können, für immer, dachte der 104-Jährige. Es ist wie ein Fluch, der auf ihm und seiner um zwölf Jahre jüngeren Frau, Marta, lastete. Denn solange die Gräfin von Windesloh noch lebte, so lange werden auch sie leben. Was für ein Glück hatten die anderen, und damit meinte er seine Kolleginnen und Kollegen, die nach und nach aus verschiedenen Gründen verstarben. Hauptsächlich an Altersschwäche. Und zum großen Glück der Gräfin erfuhr niemand von den Verstorbenen die Wahrheit vor ihrem eigenen Tod, über den Mord an dem Grafen von Windesloh.

Nach dem Frühstück suchte die alte Gräfin die Bibliothek ihres Mannes auf, um ein Buch in das Regal zurück legen zu können, das sie gestern noch zu Ende gelesen hatte. Es war ein Krimi. Das Letzte aus der Sammlung ihres Schwiegervaters. Der letzte Schrei. Spannend bis zur letzten Seite. Caroline stellte das Buch ins Regal und ließ ihren Zeigefinger über die Buchrücken der anderen wandern, bis sie auf den Titel Tot im eigenen Bett stieß. Es war das erste Buch, das sie hier, in Windesloh, gelesen hatte. Es war auch das Buch, das sie zu der schrecklichen Tat, an ihrem Mann, bewogen hatte.
Agathe, die Hauptperson in diesem Buch, tötete ihren Mann aus Rache, weil er sie wegen einer anderen betrogen hatte. Und ließ den leblosen, blutenden Körper bis zum nächsten Morgengrauen im gemeinsamen Bett liegen. Nun war sie frei, frei von ihrem Ehemann, der sie nicht liebte, sondern sie nur wegen des Geldes geheiratet hat, und frei von seiner Lüge, die sie sehr tief verletzt hatte. Agathe ließ später die Leiche entsorgen, verkaufte ihr kleines, aber luxuriöses Haus auf dem Land und kaufte in Venedig, in der Stadt ihrer Träume, eine Wohnung auf der Wasserstraße. Hier war sie zwar allein, ohne Familie, aber dafür glücklich. Und niemand stellte ihr Fragen über ihren Ehemann, weil niemand wusste, dass sie einmal verheiratet war. So frei wäre auch Caroline gerne, aber es war nicht möglich. Caroline nahm das Buch aus dem Regal, klappte es auf und begann zu lesen. Nachdem sie die halbe Seite gelesen hatte, setzte sie sich in den Ohrensessel aus braunem Leder und las in dem Buch weiter. Es vergingen zwei Stunden, bis sie es zuklappte und den Wunsch verspürte, noch einmal durch den Flur im Ostflügel zu gehen.
 

Seine grünen Augen

Abschnitt 3

Und dann stand sie vor ihm. Sah in die tiefe Dunkelheit. Sie wusste, dass am Ende des Ganges sich ein zugezogenes Fenster befand. Caroline tat einen Schritt. Einen und noch einen. Tastete sich vorwärts, der Wand entlang. Caroline wusste nicht, was sie nach vorne zog. Die geheimnisvolle, tiefe Dunkelheit? Oder der Wunsch, noch einmal mit der Vergangenheit in Berührung zu kommen? Nein, es muss an dem Buch liegen, glaubte sie die Wahrheit zu kennen. Und ertastetet bald eine Tür. Der Türklinke nach gehörte sie der …, Kinderstube, erkannte sie sie. Es war Bertholds Kinderstube, und die seines kleinen Bruders. Aber dieser war sehr früh verstorben, erzählte ihr Berthold einmal.
„Er war fünf, als er die Masern bekam. Bekam dazu noch hohes Fieber und starb letztendlich, weil ihm der Arzt nicht helfen konnte“, erinnerte sich Caroline an seine Worte.
Und dann ließ sie die Türklinke los. Hatte nicht das Verlangen hineinzugehen. Und ging schließlich weiter. Der nächste Türgriff gehörte einer Nähstube. Hier hatte früher einmal Bertholds Mutter genäht. Tischdecken, Kissen-, Decken und Stuhlbezüge, hin und wieder auch mal Kleider. Und hinterher hat sie sie bestickt. Nicht, weil sie es musste, sondern, weil sie es liebte, mit eigenen Händen etwas zu schaffen. Wo jeder es bestaunen und ihr Komplimente machen konnte. Bertholds Mutter liebte es im Rampenlicht zu stehen und das zu Recht. Wenn ich diese Begabung hätte, dann hätte ich es auch gewollt, dass mich jeder bewundere. Aber so sehr Caroline ihre Schwiegermutter für ihre genähten Sachen bewunderte, den Wunsch hineinzugehen hatte sie jedoch nicht.
Caroline ging weiter, tastete sich vorwärts, und ertastete endlich die letzte Tür. Es war die ihre. Noch ein Stück und ich erreiche das Fenster. Sie erreichte den zugezogenen Vorhang, fand die Kordel und zog an ihr. Der verstaubte, dunkelrote Vorhang öffnete sich und ließ die hellen Sonnenstrahlen herein. Caroline blinzelte von der Helligkeit überrascht. Und dann bemerkte sie das Bild. Es hing direkt neben ihr. Ein Bild, das sie vorher nicht kannte. Es war ein Ölgemälde. Ein weißes Tuch lag vor ihren Füßen. Sie hob es auf und sah erneut auf das Gemälde. Wer hat das aufgehängt? Und wann?, fragte Caroline sich. Aber nicht zu der Zeit, als ich noch mein altes Zimmer bewohnte. Es muss später gewesen sein. Caroline gefiel das Gemälde nicht. Aber es war auch kein Wunder, denn auf dem Bild war er. Berthold. Groß und mächtig stand er vor ihr. Wie ein Gott, schoss Caroline der Gedanke. Mit seinem Körperbau hatte der Maler eine besonders gute Leistung erbracht. Denn der große Bauchumfang war weg, an seiner Stelle die grüne Zypressenhecke, die hinter dem gemischten Blumengarten steht. Auf dem Bild trug Berthold eine dunkelbraune, gelockte Perücke, dessen Haar bis kurz über die Schulter geht, und versteckte somit sein kurzgeschnittenes, ergrautes Haar. Und diese Augen …, diese grünen Augen wirkten so echt, dass … Und plötzlich bewegten sie sich. Caroline schrie. Schrie so laut sie konnte und fiel anschließend kraftlos zu Boden. Es folgte ein langes, erstickendes Husten. Die grünen Augen sahen zu ihr hinunter und sahen, wie die alte Greisin langsam, aber qualvoll starb.

Caroline war nur aus einem einzigen Grund hierher gekommen, und zwar wollte sie der Vergangenheit begegnen. Sie noch einmal als eine junge Frau erleben. Und noch einmal zwischen Flucht und Mord entscheiden können. Und dann hätte sie natürlich die Flucht gewählt. Vielleicht wäre sie ihr dieses Mal gelungen. Wer weiß?!
Aber an dessen statt begegnete sie nach so vielen Jahren ihm, ihrem Gatten. Und letzten Endes wurde sie zu seinem Opfer und er zu ihrem Mörder. Aber war ihr Mörder wirklich ihr ermordeter Gatte, der nach Rache suchte?

Die grünen Augen des stämmigen Mannes auf dem Bild, in einer grün-braunen Jagdkleidung und einem Gewehr in der rechten Hand, schloss seine Augen und …
 

NACHWORT

Abschnitt 1

„Ich glaube, sie ist hier“, hörte der Fremde Schritte näher kommen, als er sich über die Tote beugte.
Und dann standen sie neben ihm. Ein sehr altes Ehepaar, dessen Alter schon gar nicht mehr zu schätzen war.
„Was machen Sie hier? Und was haben Sie mit ihr gemacht?“, fragte der ältere Mann im schwarzen Anzug und weißem Hemd mit einem harten Unterton.
Er war sehr groß, hatte hellblaue Augen und graue Haare. Stand kerzengerade vor ihm. Sein Gesamtbild sah beinahe sehr gespenstisch aus.
„Ich wollte das nicht“, sagte der Fremde zu den beiden.
Marta bückte sich und fühlte den Puls der Toten, nahe dem Handgelenk, doch sie fand ihn nicht. Schüttelte den Kopf.
Hermanns Augen verengten sich, als er auf den jungen Mann mit den wuscheligen, hellbraunen Haaren hinunter sah.
„Sie müssen mir glauben, ich habe nichts getan.“
„Wenn Sie nichts getan haben, weshalb ist sie dann gestorben?“, konnte Marta ihm nicht recht glauben.
„Ich habe sie nur aus dem Bild da oben angesehen und dann fiel sie schreiend um“, und zeigte auf das Gemälde mit zwei Löchern im Gesicht, die so groß waren wie Augen.
„Ich dachte, du hättest es nicht aufgehängt“, wand sich Marta jetzt an ihren Mann.
„Doch, er wünschte es doch so.“
„Ja, aber er ist doch schon lange tot“, und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
„Na ja, ich wollte ihm seinen letzten Wunsch noch erfüllen. Aber ich hätte nie gedacht, dass es unserer Herrin eines Tages das Leben kosten wird.“
„Du hast gedacht“, verdrehte Marta die Augen.
„Jaaah“, wusste Hermann nichts anderes zu sagen und senkte seine Stimme.
„Und nun zu Ihnen. Wer sind Sie?“, fragte sie ihn mit einem ungewohnten strengen Ton.
Marta sah den Fremden an, merkte gleich, dass er sie irgendwie an die Windesloher erinnert. Aber konnte nicht sagen, was es war. Vielleicht die Augen? Ja, … die grünen Augen. Sie sind genauso grün, wie seine. Und damit meinte sie Berthold. Die Haare? Nein, solche hatte niemand aus der Familie.
„Ich bin Albert Dittmar.“
Und reichte ihnen die Hand.
„Dittmar!“, wiederholte Hermann.
Der junge Mann nickte.
„Kommt es dir bekannt vor?“
Die kleine, mollige Frau im schwarzen Kleid und weißer Schütze und Haube versuchte sich zu erinnern.
„Graf Bertholds Cousin hieß Dittmar mit dem Nachnamen, wenn ich mich recht erinnere.“
„Aber er ist noch als junger Mann nach Amerika ausgewandert. Allein.“
„Ja, das ist mein Großvater. Rüdiger Dittmar.“
„Das ist ja interessant“, huschte ein Lächeln über Hermanns Gesicht.
„Und sie sind wirklich sein Enkel?“
„Ja, und der Einzige“, Albert Dittmar lächelte.
„Und was machen Sie hier“, fragte Hermann weiter, die Tote längst vergessen.
„Ich bin gekommen, um meine Verwandte zu finden, von denen mein Vater im Sterbebett erzählt hatte.“
„Ist er schon …?“, wollte Marta nicht aussprechen.
„Ja, vor sechs Monaten. Und dann kaufte ich mir ein Ticket über den Nord-Atlantik und kam hierher.“
„Das ist echt unglaublich, nicht war Marta?“
„Oh ja.“
Mit großem Staunen sahen die beiden den jungen Mann an.
„Und was haben sie vorher gemacht, ich meine, bevor sie hierher kamen? Beruflich?“, wollte Hermann noch mehr über diesen jungen Mann wissen, weil er seinen Großvater sehr gut kannte.
„Ich war ein Feldarbeiter?“
Hermann drehte seinen Kopf schief.
„Ja, ich habe den Farmern bei den Feldarbeiten geholfen. Half ihnen noch bei den Tieren.“
Verblüfft sah ihn das ältere Paar an. Das Bild, das er ihnen schilderte, passte so gar nicht zu der adeligen und wohlhabenden Familie der Dittmars, die sie kannten.
„Und was tat ihr Vater und Großvater, als die beiden noch lebten?“
Hermann wurde sehr neugierig.
 

NACHWORT

Abschnitt 2

„Das gleiche.“
Und lächelte ihn an.
„Sie liebten ihr Leben. Frei von jeder Verpflichtung und frei gehen zu können, wohin sie wollten. Und ich tue es auch.“
Albert grinste.
„Ja, das muss sehr verlockend sein“, meldete sich jetzt auch Marta zu Wort.
„Das sieht ihrem Großvater sehr ähnlich. Schon als Kind war er ein kleiner Wildfang und träumte davon, eines Tages hinaus, in die Welt, gehen zu können. Ferne Länder und Kulturen kennenzulernen“, fügte sie noch hinzu.
„Ich glaube, wir sollten jetzt unsere Arbeit tun. Hermann?!“
Und gemeinsam brachten sie die Tote aus dem Haus. Eine ältere, dünne Gestalt mit schneeweißen Haaren. Und setzten sie der längst vergessenen Familie von Windesloh bei.
„Ich werde mich bemühen jemanden zu finden, der ihren Namen in den Grabstein gravieren kann.“
„Ja, das schulden sie ihr“, meinte Marta ganz ernst.
Und Albert wusste genau, was sie damit meinte.
„Sie war die Letzte, die von den Windeslohern noch lebte“, erzählte Hermann.
„Wirklich?“
Hermann nickte.
„Was für ein Pech“, sagte Albert.
„Dafür müssen Sie das hier“, und zeigte auf das Schloss mit den grauen, kalten Mauern: „Mit niemandem teilen.“
Zwar stimmte Albert ihm zu, aber hätte doch jemanden als Verwandten hier, in seiner Nähe, gewusst.
„Es sei denn, sie heiraten“, sagte Marta halb im Scherz und lächelte dazu.
„Ein guter Gedanke“, lachte der junge Mann und Erbe.
„Na gut, Herr Dittmar. Für Marta und mich ist es jetzt Zeit zu gehen.“
Und nahm ihre Hand.
„Nein, bleibt doch noch zum …“
Doch Hermann schüttelte den Kopf.
„So leid es uns auch tut, aber unsere Zeit ist hier zu Ende. Wir möchten gehen …“
„Nach Hause …“ fügte Marta mit leuchtenden Augen hinzu.
Mit einem Lächeln auf den Lippen sah Hermann zu ihr herunter. Marta sah das gleiche Leuchten in seinen Augen und erwiderte.
Sie verabschiedeten sich.
Und das ältere Ehepaar ging, Hand in Hand und ohne Gepäck. In Arbeitskleidung. Mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht dem langersehnten Glück entgegen. Überquerten den gemischten Blumengarten.
Sie gingen, frei von der Last, die ihnen ihre Herrin auferlegt hatte, und warfen nicht einen einzigen Blick zurück, zu den kalten Mauern, die sie viele Jahrzehnte gefangen hielt. Und wie zwei Gespenster verschwanden sie hinter der Zypressenhecke und wurden nie wieder gesehen.
Albert Dittmar stand noch lange da, vor dem Familiengrab seiner Ahnen. Zu gerne hätte er gewusst, wer sie waren. Was sie erlebt hatten. Und weshalb Alberts Großvater seine Familie vor vielen, vielen Jahren verließ.
„Aber das werde ich nie erfahren.“
Sein Großvater sprach nicht gerne über seine Vergangenheit. Und so kam Albert Dittmar hierher, ohne eine Vergangenheit. Aber noch gab es die Gegenwart und die Zukunft und die lag noch vor ihm.
 

NACHWORT

Abschnitt 3

Die zweite Begegnung nach 7 Jahren
Dorothea spielte ihre Rolle gut. Das Publikum stand nach dem Ende des Theaterstücks auf und klatschte begeistert in die Hände. Unter ihnen ein Mann, der sie die ganze Zeit, während der Aufführung, mit seinem kleinen, vergoldeten Fernglas beobachtete. Dabei fiel ihm eine hellbraune Strähne ins Gesicht, doch das störte ihn nicht. Er klatschte weiter.
Dankend verbeugte sie sich vor ihren Zuschauern. Dann wurde der rote Vorhang zugezogen und sie verließ die Bühne.
„War das Stück nicht großartig?!“, hörte er seine Begleiterin neben sich sagen.
Winifred Bernhard war die Tochter eines reichen Industriellen. Genauso wie Albert Dittmar von Windesloh Mitte dreißig und noch nicht verheiratet. Weil sie nicht besonders hübsch war, mangelte es ihr an Verehrern. Aber bei Albert war es anders. Oder?, fragte sich Winifred jetzt und viel zu spät. Sie sah den jungen Mann heimlich von der Seite an. Nicht, dass er ihren Blick bemerkt hätte, aber er drehte seinen Kopf ganz plötzlich zu ihr und antwortete mit einem breiten Lächeln im Gesicht: „Die Vorstellung war einfach wunderbar! Eine bessere habe ich noch keine gesehen.“
Aber eigentlich war es seine Erste. Doch das wusste Winifred nicht und glaubte seinen Worten.
„Schön, dass sie Ihnen gefallen hat.“
Und Winifred freute sich.
Dann setzte sich jeder auf seinen Platz. Auf der Bühne erloschen die Lichter. Und nach und nach verließ jeder der Gäste den Saal. Winifred Bernhard und Albert Dittmar folgten dem Strom, der sie in den Aufenthaltsraum führte. Dort angekommen reichte ihnen ein Kellner zwei Sektgläser zur Begrüßung und wünschte ihnen einen schönen Abend.
„Sehen Sie mal, da ist meine Tante Rosa“, sagte Winifred zu ihrem Begleiter und zeigte mit ihrer Nasenspitze in ihre Richtung.
„Wir könnten zu ihr gehen.“
„Eine gute Idee. Gehen Sie schon mal vor. Ich werde später nachkommen“, und wollte ihr nicht verraten, was er vorhatte.
Winifred sah ihn für einen kurzen Augenblick nachdenklich an. Noch gehört er dir nicht. Du hast kein Recht ihn zu fragen, wohin er möchte, sagte ihr eine Stimme. Und doch wusste sie ganz tief in ihrem Herzen, dass es eine Frau sein musste, zu der er wollte.
Widerwillig ließ sie ihn gehen, ohne ihm zu verraten, was sie darüber dachte und wie sie sich fühlte.

Albert Dittmar, der Graf von Windesloh war sehr überrascht, als ihn die Tochter eines reichen Industriellen einlud mit ihr ins Theater zu gehen. Aber da er noch nie in einem war, reizte es ihn schon, wenigstens eine Vorstellung in seinem Leben gesehen zu haben. Auch wenn seine Begleiterin eine hässliche alte Jungfer ist.
Aber als er vor dem Eingang des Theaters ein Plakat mit Dorothea Berg sah, erkannte er sie. Sie war die junge Frau, die er vor sieben Jahren in seinem Schloss, damals gehörte es noch seiner Großtante, Gräfin Caroline von Windesloh, fast zu Tode erschreckt hatte. Und nun wollte er sich bei ihr entschuldigen. Und vielleicht …, vielleicht könnte auch noch mehr daraus entstehen.

Winifred sah wie der junge Mann, ihr Begleiter, eine weiße, geschwungene Marmortreppe hinaufging und oben verschwand. Zu gern wüsste sie, was er dort wollte.

Albert klopfte an eine Tür. Es war ihre Tür. Und dass wusste er, weil auf ihr ein Schild hing mit ihrem Namen.
„Herein!“
Albert öffnete die Tür und wünschte einen guten Abend. Als Dorothea erkannte, dass es nicht Hannes´ Stimme war, sondern die eines Fremden, erschrak sie. Sie sprang von ihrem Stuhl auf, dass dieser nach hinten kippte und krachend auf dem Boden aufschlug.
„Sie dürfen hier nicht rein!“
 

NACHWORT

Abschnitt 4

Für Besucher war hier, in den Umkleideräumen, der Zutritt verboten.
„Ich weiß, aber ich muss mit Ihnen unbedingt sprechen.“
„Ich wüsste nicht worüber. Kennen wir uns?“, fragte sie mit einem strengen Unterton.
Er kam ihr nicht irgendwie bekannt vor, aber … seine Augen … Das sind diese Augen, die sie hin und wieder glaubte zu sehen.
„Na gut, aber bitte machen Sie es kurz. Während Sie erzählen, werde ich mir meine Haare machen“, und stellte den Stuhl wieder hin.
Albert überlegte ganz kurz wie er am besten beginnen sollte.
Sie entfernte die letzten Haarklemmen und begann ihr mittellanges, gewelltes, braunes Haar zu bürsten.
Er kam ihr drei kleine Schritte näher.
„Erinnern Sie sich, vor sieben Jahren waren Sie in meinem Schloss. Aber zu der Zeit gehörte es mir noch nicht, sondern meiner Großtante, der Gräfin Caroline von Windesloh.“
Dorothea hielt in ihrer Bewegung inne. Natürlich erinnerte sie sich daran. Wie könnte sie es je vergessen?!
„Woher wissen es?“
„Ich habe Sie gesehen, als Sie den Flur entlang gelaufen sind. Sie sind auf mich direkt zugelaufen und dann haben Sie sich sehr erschreckt.“
Dorothea drehte sich zu ihm.
„An der Wand hing ein Gemälde. Die Augen des Mannes, auf dem Gemälde, bewegten sich. Sie waren grün, wie Ihre.“
„Ja, das waren sie auch. Es tut mir leid, dass ich Sie damit so sehr erschreckt habe. Aber es war nicht meine Absicht. Ich bin nämlich auch an diesem Tag zu dem Anwesen meiner Großtante gekommen, aber der Butler ließ mich nicht rein. Und weil ich mit meiner Großtante unbedingt sprechen wollte oder besser gesagt musste, schlich ich mich durch eine Hintertür in das Gebäude. Ich irrte sehr lange, öffnete eine Tür nach der anderen und irgendwann schlug eine Tür hinter mir zu und ich konnte aus der dunklen Kammer nicht mehr hinaus. Und irgendwann sah ich Sie durch die beiden Löcher. Aber ich wusste nicht, dass diese beiden, kleinen Löcher zu einem Gemälde gehören.“
„Dann waren Sie es.“
„Ja. Wie ich es schon sagte, es tut mir sehr, sehr leid, dass ich Ihnen einen großen Schrecken eingejagt habe.“
„Danke, dass sie es mir erzählt haben.“
Er lächelte leicht.
Natürlich war Dorothea erleichtert, endlich nach sieben Jahren die Wahrheit zu erfahren. Es gab diesen Geist mit den grünen Augen, der von dem Gemälde auf sie hinabsah, nicht. Aber was ist mit der alten Frau mit den schneeweißen Haaren? Gab es sie oder war sie auch nur eine Lüge?, der sie sieben Jahre lang glaubte. Den Schlaf rauben ließ. Und selbst danach sie im Spiegel sah, dass Dorothea bald gezwungen war alle Spiegel, selbst hier, in dem Umkleideraum, zu entfernen.
„Sie sagten, dass Schloss gehörte vor Ihnen ihrer Großtante?“
„Ja genau. Sie war schon sehr, sehr alt.“
„Was heißt war?“
„Sie ist vor sieben Jahren gestorben. Und mit ihr der Zweig der Windesloher im Stammbaum.“
Damit sie verstehen konnte, was er meinte, fügte er hinzu: „Sie hatten keine Kinder, deshalb bin ich jetzt …“
Sie nickte verstehend.
„Wie sah Sie denn aus?“
„Meine Großtante …?“
„Mhm.“
„Sie war mittelgroß, schlank, gut gekleidet …“
„Hatte Sie auch schneeweiße Haare?“
„Ja“, antwortete er, ohne lange zu überlegen.
„Dann …“, muss ich Sie gesehen haben, wollte sie sagen.
„Dann was?“
„Bevor ich mich in Ihrem Schloss verirrte und Sie mich sahen, sah ich Sie in einem Spiegel. Der Spiegel stand in dem Gästezimmer, in dem ich, in dieser Nacht, übernachten sollte. Sie sagte zu mir Lauf, und ich erschrak, weil ich niemanden in diesem Raum sehen konnte.

NACHWORT

Abschnitt 5

Und so ergriff ich die Flucht. Verirrte mich in den Gängen und fand irgendwann doch hinaus.“
„Es tut mir wirklich leid, was Ihnen in meinem Haus vorgefallen ist. Aber ich hoffe, Sie werden mir und meiner Großtante nicht weiter böse sein.“
Sie schaffte es noch zu nicken, als ein Mann mit Anfang dreißig in der Tür erschien.
„Bist du schon fertig? Können wir …“
Und dann brach er ab.
„Du hast Besuch?“
Beide Männer sahen sich an. Der jüngere misstrauisch.
„Äh …, ja gleich.
Herr …“, Dorothea sah ihren Besuch nachdenklich an, versuchte sich an seinen Namen zu erinnern.
„Graf Albert Dittmar von Windesloh“, half Albert ihr.
„Graf Albert Dittmar von Windesloh war so nett und hat alle Missverständnisse ausgeräumt, die sich vor mehreren Jahren zugetragen haben.“
„Welche Missverständnisse?“, wollte der junge Mann, der Hannes hieß und Dorotheas Kollege war, wissen.
„Ach, ist nicht mehr so wichtig.“
„Na gut. Dann mach dich schnell fertig, die Gäste warten“, und küsste sie auf die Wange.
Albert verstand. Mit diesem Kuss zeigte er ihm, dass sie ihm gehörte. Und was vergeben war, um das wollte Albert keine Mühe machen. Sich selbst vielleicht noch das Herz brechen.
„Ich wünsche Ihnen, auch Ihnen, Fräulein, einen schönen Abend“, und ging noch ehe Hannes es tun konnte.
Als Dorothea beide Männer gehen sah, zuerst Albert, den Herrn mit gutem Aussehen und Benehmen mit Titel und Vermögen, dann ihren Kollegen, der sehr eitel und arrogant ist und sie zu lieben scheint, wurde es ihr schwer ums Herz. Besonders um den ersten, als den letzten. Doch es war schon zu spät. Der Herr war gegangen und ein drittes Mal würden sie sich nicht mehr wiedersehen, jedenfalls nicht so. Dafür hat Hannes gesorgt, und ihre Augen verengten sich.
„Na, dann hoffe ich, dass die Geister der Vergangenheit in Zukunft mich in Ruhe lassen, jetzt, wo ich weiß, dass sie keine Geister sind oder es jemals waren.“
Und Dorothea legte ihr Kostüm ab und schlüpfte in ein dunkelrotes Kleid, dass sie sich kürzlich nähen ließ. Legte eine weiße Perlenkette mit einem goldenen Medaillon um den Hals. Tupfte sich zwei Tropfen Parfüm hinter die Ohrläppchen. Fuhr mit rotem Lippenstift ein letztes Mal über die Lippen, ohne einen Spiegel dafür zu benutzten. Und war somit für den Auftritt unter den Gästen fertig. Hannes, der mit ihr eine Hauptrolle, als Romeo, spielte, konnte sie jetzt abholen.

ENDE