Venedig: ein gottverlassenes Labyrinth
Venedig: ein gottverlassenes Labyrinth
stranden

Unterwegs in der Lagunenstadt

Venedig: ein gottverlassenes Labyrinth

Venedig ist ein gottverdammtes Labyrinth. Die Fahrt vom Festlandbahnhof zur Insel verläuft so schnarchend, das man Gänseblümchen brocken könnte, wenn man nicht übers Wasser führe, also winkt man den Schiffern zu -, wenn man Japaner ist, oder blöde. Ein, zwei Ellbogen, ein Kamerastativ und die Spitze eines Regenschirms im Auge, ...

Schon das Nachleben am Vorabend hatte mir wenig behagt: eine vollgestopfte Disco ohne Aircon und Massen von schlecht gekleideten Yuppies zwischen Tür und Angel versperrten den Weg zur Bar, in der das grösste Bier kleiner war als ein beschissenes Pint, das schon am Weg nach draussen verdunstet war, ... Auf der Insel kann es nur besser werden, dachte ich, als ich geschlaucht vom Dunst und Jetlag des Tages in einer Frittenbude halt machte. Das Ketchup war nicht im Preis inbegriffen, musste extra geordert werden und war teurer als die Fritten selbst.
Der reinste Beschiss. Dieser Eindruck verliert sich kaum am Weg durch die schmalen und noch schmaleren Gassen dieses schwimmenden Omeletts. Irgendwann steht man vor einem Mittfünfziger, der gerade seine Unterhose auf eine Leine klemmt und einen anstarrt, als hätte man etwas getan, das vor einem nicht schon tausend anderen passiert wäre: den Weg zu verlieren. Die falsche Abzweigung genommen, ...Gibt es eine richtige in diesem Schwimmsud? Verloren gehen kann man trotzdem schwer: Nach längstens einer Stunde im Kreis eiern, stösst man unweigerlich auf eine der vielen Wasserstrassen, die, wenn man sie verfolgt, alle zu jenem Stufenplatz am Bahnhof zurück führen, von wo man seine Expedition gestartet hat. Dann gilt es die Entscheidung zu treffen, in noch einer Gasse noch eine Stunde zu verlieren, oder auf das Festland zurückzukehren. Weil ich hoffnungslos koffeinsüchtig bin, und nur deshalb, habe ich mich ein zweites Mal hineingestürzt in die schwitzenden Gassen dieses schwimmenden Tümpels, auf der Suche nach jenem Café, das ich bei meinem ersten Rundgang gesehen, und zu meinem jetzigen Bedauern, nicht gleich betreten hatte. Einen Fingerhut voll Kaffee um drei Euros; dafür war der Zucker im Preis inbegriffen. Dem Irrlauf überdrüssig, und entschlossen, dieser Stadt für immer den Rücken zu kehren, stieg ich in einen Intercity nach Klagenfurt, eine Stadt, in der ich den Fussweg vom Bahnhof zum Flughafen auswendig kenne.
Warum ich dort angekommen, ausgerechnet nach Rom weiterflog, ist eine andere Geschichte, ...
 

Copyright by Nico Schiefer