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Kino & Fernsehen

Was hat der Film "Franklyn" zu bieten?

Franklyn

Kein Film enthält so viele Facetten gothicartiger Ästhetik so kunstvoll ins Szene gesetzt wie Franklyn. Das reicht von melancholischen realen Schauplätzen in England über harte Actionszenen in kontrastreichen Bildern und modische Darstellungen von Personen bis zu surrealer düsterer Architektur eines Paralleluniverums. In diesen Fragen übertrifft Franklyn zum Beispiel The Crow bei weitem – ein Augenschmaus also, der für manche Geschmäcker genau der richtige neue Stoff sein dürfte.
Die Handlung dieses Films ist extrem komplex und erfordert viel Aufmerksamkeit. Es gibt vier Handlungsstränge, von denen anfangs nicht klar ist, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen. Die Hochzeit eines jungen Mannes namens Milo platzt und er muss sich danach wieder mit seiner Einsamkeit anfreunden. Er sucht eine Freundin aus der Kindheit wieder auf und möchte mit ihr eine Beziehung anfangen. Von seiner Mutter erfährt er dann jedoch, er habe sich diese Freundin als Kind nur ausgedacht.
Eine junge Künstlerin arbeitet an einem extremen Kunstprojekt, infolgedessen sie immer wieder eigene Selbstmordversuche filmt. Sie befindet sich in einer Therapie, weil sie anscheinend unter der Scheidung ihrer Eltern leidet.
Ein älterer Pastor erwartet den Besuch seines Sohnes, der einen Tagesurlaub aus irgendeiner Einrichtung erhält. Der Sohn verschwindet jedoch und wird gesucht.
In einer völlig anderen fantastischen Welt, die geprägt ist von bedrückender Architektur möchte ein gewisser Jonathan Preest, der meist mit einer seltsamen Maske herumläuft, einen religiösen Führer töten, da der am Tod eines Mädchens schuld sein soll. In dieser seltsamen Welt ist Preest die einzige Person ohne Glauben. Alle anderen Menschen hängen irgendeiner Religion an, von denen es unendlich viele verschiedene dort gibt.
Jonathan Preest ist wohl in Wirklichkeit David, der Sohn des älteren Pastors. Dieser sitzt zum Schluss in einem Restaurant, wo am Nebentisch Milo ein Rendezvous mit seiner erfundenen Freundin hat, aber bereits durchschaut hat, dass sie ein bloßes Fantasiekonstrukt ist. Auf der anderen Straßenseite liegt die Wohnung der jungen Künstlerin Emilia, wo David/Jonathan Preest einbricht, um von dort den für seine Sicht religiösen Führer, in Wirklichkeit seinen Vater, den Pastor zu erschießen. Emilia dreht den Gasherd auf, und droht mit einem Feuerzeug eine Explosion auszulösen, um David unter Druck zu setzen. Schließlich flüchtet sie stattdessen aus der Wohnung. David schießt, trifft aber Milos Arm und löst schließlich selbst die für ihn wohl tödliche Explosion aus. Emilia und Milo begegnen sich darauf auf der Straße, scheinen sich ineinander zu verlieben.
Bei jeder der vier Hauptfiguren spielt das Thema einer selbsterschaffenen Realität eine Rolle, einmal in Form von Religion, einmal in Form von Kunst und zweimal in Form von Psychosen, einmal in schwächerer und einmal in extrem starker Ausprägung. Jeder dieser vier Tragödien liegt als Ursache die unterschiedlich geartete Beendigung einer Beziehung zugrunde. Die Grundproblematik des Films ist also die Diskrepanz zwischen selbsterschaffener Umwelt und sozialem Leben. Diese Problematik spielt vermutlich für viele heutige Menschen eine gewisse Rolle. Franklyn kann also eine bewusste Reflektion darüber anstoßen. Nebenbei ist es der ästhetischste Debütfilm eines Regisseurs, den ich bisher gesehen habe.