lena l.

Erziehung & Kinder

Wie es ist, das Arbeitsverhältnis zu kündigen

Aller Anfang ist schwer ...

Manchmal glaube ich, einer aussterbenden Spezies anzugehören: dem mitfühlenden Arbeitnehmer. Überstunden sind normal, Krankheiten werden ignoriert und Urlaub wird erst gar nicht beantragt – schließlich geht es um „das Wohl der Firma“. Workaholismus würde ich das nicht nennen, vielmehr treibt mich die Motivation, das Unternehmen voranzubringen.

So begann ich auch mit vollem Tatendrang meine Stelle vor wenigen Monaten. Das Unternehmen war groß und mein Aufgabengebiet genau das, was ich immer machen wollte. Dennoch verlief die klassische Einarbeitungsphase schwierig. Ich wage sogar zu behaupten, dass ich mich nur die erste Woche orientieren konnte, danach fischte ich im Trüben. Die Arbeitsbelastung aller war groß und stellte ich Fragen lautete die Antwort zu 98 Prozent, dass man es nicht wisse. Daher erfand ich regelmäßig das Rad neu. Allerdings mit dem Unterschied, dass alle um mich herum zu wissen schienen, wie das Rad auszusehen hatte. Das Problem dabei: Hatte ich endlich den Vorgang aufgelöst, war das Ergebnis nicht gut. Nicht, dass meine Arbeit falsch gewesen wäre, sie sollte nur anders sein. So wurde ich schließlich die Königin der Überarbeitung. Manchmal ging das Ganze so weit, dass die Endversion wieder meiner ersten Fassung glich, nur dass der Chef nun das Gefühl hatte, die Idee käme von ihm. Meine Ideen, Anregungen und Vorschläge wurden jedoch grundsätzlich abgeblockt. Hatte ich die Situation zunächst auf meine „Einarbeitungsphase“ geschoben, fühlte ich mich bald ausgebremst und fremdgesteuert. Nahestehende Personen sprachen mir zu: Es ist normal, das wird sich ändern. Und ich ging weiter zur Arbeit, bis ich eines Tages heulend auf einem Stuhl saß und nicht mehr aufhören konnte.

Die Diagnose: Burnout.
 

... und dann habe ich gekündigt.

Ich wurde eine Woche krankgeschrieben. Länger wollte ich nicht.

Ich informierte meinen Chef, es folgten Gespräche, ich sagte die Wahrheit. Zunächst lief es rund, doch eines Morgens wachte ich auf, setzte mich auf die Bettkante und heulte.

Die erneute Krankschreibung machte mir bewusst, dass es so nicht weitergeht. Ich suchte erneut das Gespräch, doch diesmal vorbereitet – mit meiner Kündigung. Der Gang nach Canossa – erst als ich ihm gegenübersaß, klopfte mir mein Herz bis zum Hals. Die Atmosphäre war seltsam. In dem sterilen Zimmer fühlte ich mich, als würde ich eine Diagnose für eine unheilbare Krankheit abholen. Ich kann auch nicht mehr genau nachvollziehen, wie ich das Gespräch begann. Irgendwann am Anfang sagte ich, ich würde in wenigen Wochen die Firma verlassen und zog meine Kündigung hervor. Dann versuchte ich, meine Entscheidung zu erklären. Schwierig, denn mein Gegenüber schien alle Gefühlslagen durchzumachen: Sprachlosigkeit, Wut, Verwirrung, Mitleid, … Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Dennoch beschlich mich mehr und mehr das Gefühl, dass alle klärenden Gespräche in den Monaten zuvor, völlig nutzlos gewesen waren. Denn er hatte alles vergessen und mir wurde vorgeworfen, nichts gesagt und ihn in meine Entscheidung mit einbezogen zu haben.

Als ich hinausging, hätte ich am Liebsten geschrien. Ich war verwirrt und fragte mich, wie blöd ich sein muss, zu kündigen, ohne zu wissen, wie es weiter geht. Zweifel. Doch in den Stunden danach wurde ich auch immer wütender – aber nicht auf mich …

Den Sprung ins kalte Wasser habe ich nun geschafft. Bekannte nennen mich mutig. Meine Gefühle schwanken noch, doch eines weiß ich: Jetzt mache ich klar Schiff und werde etwas Neues schaffen.
 

... und es geht weiter:

Wie es ist, seinen letzten Arbeitstag zu haben.