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Religion

Zahlensymbolik: Traditionelle und mystische Deutungen von Zahlenwerten

Ein kleiner „Reiseführer“ durch das Labyrinth der Zahlensymbolik.   

Auf viele Menschen üben Zahlen bis heute eine seltsame Faszination aus. Obwohl sie eigentlich nur der Kategorisierung unseres Alltags dienen, werden ihnen oft symbolische oder gar mystische Eigenschaften zugeschrieben. Vielleicht liegt dies ja an den mathematischen Beziehungen der Zahlen untereinander mit scheinbar verblüffenden Ergebnissen.
Die sinnbildliche Deutung von Zahlen hat eine lange Tradition und ist in vielen Kulturen und Regionen der Welt anzutreffen. Vom sumerischen Reich über das Alte Ägypten, die antike und mittelalterliche Astrologie bis hin zum modernen Börsengeschehen lässt sich somit die „Magie der Zahlen“ beobachten. Im Folgenden soll traditionelle Bedeutung der Zahlen von eins bis zwölf dargestellt werden.
 

Die Bedeutung der ersten drei Zahlen

Eins – Einmaligkeit und Einheit

Als erste „richtige“ Zahl steht die Eins seit jeher für Einheit, Ganzheit oder Einmaligkeit. In monotheistischen Religionen wie Judentum, Christentum, Islam oder dem altägyptischen Aton-Kult symbolisiert(e) sie darüber hinaus die Einzigartigkeit und Alleinexistenz Gottes. Im Christentum wird die Eins unter anderem mit folgenden Aspekten in Verbindung gebracht: Sündenfall und Erlösung der Menschheit gehen jeweils auf eine Person zurück, Gottvater, Christus sowie Heiliger Geist agieren als Einheit, und in der Ehe verschmelzen ein Mann und eine Frau zu einem Ganzen.

Zwei – Trennung und Gemeinsamkeiten

Rein mathematisch gesehen ist die Zwei die kleinste sowie einzig gerade Primzahl und bildet außerdem die Grundlage des Dualsystems. Die mythologische Überlieferung belegt diese Zahl jedoch meist negativ. Sie gilt als Zeichen der Zwietracht, der Trennung und des Zweifels. Doch es gibt auch Deutungen, die auf positive Aspekte der Zwei verweisen, beispielsweise Mann und Frau, die als Paar den Kern der Familie bilden.

Drei - Göttliches und Märchenhaftes

Die Drei scheint Menschen schon von jeher zu faszinieren. Unzählige Märchen berichten von drei Wünschen, drei Aufgaben oder der dreimaligen Verwendung bestimmter Zauberkräfte. Die Bibel kennt die Lehre der Trinität und verwendet bei Aufzählungen oder Zeitspannen oftmals die Drei und ihre Vielfachen. Im modernen Allgemeinwissen wiederum sind viele Halbwahrheiten rund um die Drei zu finden: Viele Menschen glauben anscheinend immer noch, dass säumige Zahler erst dreimal gemahnt werden müssen und dass bestimmte Kündigungsfristen generell drei Monate betragen. Sogar dann, wenn der Lohn ausbleibt, meint so mancher Arbeitnehmer fatalerweise, er müsse dies zunächst drei Monate lang dulden...

Vier – Zahl der Vollkommenheit

Zu den Zahlen, welche sich mit der Symbolik von Vollkommenheit und Fülle beschäftigen, gehört die Vier. Traditionelle Erzählungen aus aller Welt verwenden diese Zahl geografisch-religiös: Vier Himmelsrichtungen, vier Winde, vier Flüsse, vier Weltenden... Der hebräische Gottesname Jahwe wird durch die vier Konsonanten JHWH gebildet (was zur Alternativdeutung „Jehova“ führte). Die Bibel kennt vier Evangelien und verwendet diese Zahl zudem, um etwas im räumlichen Sinn vollkommen oder umfassend zu beschreiben. Als Steigerung der Vier gilt die Vierzig, beispielsweise die Wüstenwanderung der Israeliten, das vierzigtägige Fasten Christi in der Wüste oder die vierzig Tage zwischen Passion und Himmelfahrt.

Fünf und Zehn – Zahlen der Fülle in vielen Kulturen

In Mythologie und Glauben vieler Kulturen nimmt die Fünf ebenfalls eine „vollkommene“ Rolle ein. Sie war die Symbolzahl der altbabylonischen Göttin Ischtar, galt bei den Maya als Zentrum der vier Weltgegenden und hatte in China den Status einer Glückszahl. Weniger schön ist die Bedeutung der Fünf beim okkulten Pentagramm sowie in der Redewendung vom Fünften Rad am Wagen.
Der Islam schreibt täglich fünf Gebete vor und benennt bestimmte Grundpflichten als die fünf Säulen des Glaubens. Er bezieht sich dabei symbolisch auf die Hand der Fatima, ein Amulett, welches auf einer der ergreifendsten Legenden dieser Religion basiert. Wie in vielen Traditionen zeigt sich hier die Funktion der Fünf als Vollzahl, weil sie der Anzahl der Finger pro Hand entspricht. Demzufolge stellt die Zehn eine Steigerung jener Fülle dar. In der Bibel schlägt sich dies beispielsweise in den Zehn Geboten, den zehn ägyptischen Plagen oder dem Gebot zur Zehntenzahlung nieder. Da inzwischen, wie bereits im biblischen Palästina, wieder das Dezimalsystem vorherrscht, ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch heute die Fünf und die Zehn als volle, runde Zahlenwerte angesehen werden. Eine schöne Darstellung der Beziehung zwischen Fünf und Zehn ist in der römischen Zahlenschreibweise erkennbar. Das V symbolisiert die Fünf, das X die Zehn. Somit besteht eine Zehn aus zwei übereinander gestellten Fünfen...
 

Sechs – Zahl des Menschen

Die Zahl Sechs ist zunächst insofern interessant, dass sie ein Vielfaches der Zahlen Eins, Zwei und Drei bildet sowie die auch die Summe dieser drei Werte darstellt. Für Freunde der Zahlenmythologie ergeben sich daraus sicherlich allerhand Deutungsmöglichkeiten. Biblisch gesehen ist die Sechs dem Menschen zugeordnet. Er wurde am sechsten Tag erschaffen und soll sechs Tage pro Woche tätig sein. Als Zeichen der menschlichen Auflehnung gegen Gott findet zudem die Zahl 666 Erwähnung, welche auch recht oft im Okkultismus verwendet wird.

Sieben – Zahl der Heiligkeit

Dem gegenüber steht die Sieben als göttliche Zahl. Der siebente Tag der Woche hat in Islam, Judentum und Christentum (mit unterschiedlicher Deutung) eine Symbolik der Heiligkeit und Ruhe. Die jüdische Sozialordnung sah in biblischer Zeit zudem bestimmte Schuldenerlasse und Vermögensausgleiche vor, deren Zeitintervalle auf der Sieben basierten. Die Offenbarung des Johannes enthält unter anderem sieben Sendschreiben, sieben Plagen, sieben Siegel (heute noch als Sprichwort gebräuchlich) und sieben Posaunen. Als Steigerung der Sieben kommt in jüdischen und christlichen Schriften die Siebzig zur Anwendung. Auch andere Kulturen beschäftigten sich mit der Sieben und kennen Begriffe wie „die sieben Weisen“ oder „die sieben Jungfrauen“. Rom soll auf sieben Hügeln erbaut und nacheinander von sieben Königen beherrscht worden sein. Die Sieben gilt abergläubigen Menschen als Glückszahl. Bekannt sind auch Begriffe wie die Sieben Weltwunder oder (besonders bei Verliebten) der Siebente Himmel.

Acht – Kuriosum der Mathematik

Für Zahlenfreaks ist die Acht ein interessantes Kuriosum, denn alle ungeraden Quadratzahlen unterscheiden sich jeweils um ein Vielfaches der Acht. Subtrahiert man beispielsweise die Quadratzahlen aus 17 und 13 voneinander, ergibt sich daraus eine durch acht teilbare Zahl:

17² – 13² = 289 – 169 = 120

Neben dieser rein mathematischen Bedeutung findet die Acht ihren Niederschlag auch in der Musik als Vollendung und Wiederkehr (Oktave) sowie in der Architektur (Oktagon). Eines der berühmtesten, achteckigen Bauwerke ist das mysteriöse Castel de Monte in Italien.
 

Neun – Volksglauben und Templerorden

Als dreifache Steigerung der vielfach mythologisch besetzten Drei kommt der Neun eine besondere Zahlensymbolik zu, welche hierzulande bis ins 19. Jahrhundert hinein in allerhand volkstümlichen Bräuchen zu finden war. In China wiederum gilt die neunstöckige Pagode als himmlisches Abbild. Mystisches rund um diese Zahl gibt es auch hinsichtlich des Templerordens, welcher in keiner guten Verschwörungstheorie fehlen darf. Nach dem Gründungsmythos der Templer fanden sich neun Ritter zusammen und wirkten zunächst neun Jahre im Verborgenen...

Elf – Maßlos und närrisch

Für Mystiker eine herbe Enttäuschung: Das Zahlwort Elf entstammt nicht etwa den sagenhaften Elfen. Es basiert vielmehr auf dem althochdeutschen Begriff Einlif, was so viel wie „eins darüber“ bedeutet. Dies bezieht sich auf die Vollzahl Zehn, weswegen der Elf meist das negative Image von Überheblichkeit und Maßlosigkeit zugeschrieben wird. Sie steht aber auch für eine gewisse Gleichheit. Da beide Aspekte im Karnevalstreiben zu finden sind, erklärt sich hieraus die Institution der Elferräte. In der Kölner Region ist die Elf darüber hinaus jedoch auch positiv belegt und erinnert an die Legende von der Heiligen Ursula und ihren 11000 Gefährtinnen.

Zwölf – Zeitmaß und Göttliche Erwählung

Vor dem Siegeszug des Dezimalsystems galt oftmals die Zwölf als vollendete Zahl. Wir finden dies heute noch in ganz alltäglichen Aspekten. So basiert beispielsweise die Zeitmessung der Stunden, Tage und Jahre auf der Zwölfteilung, wie sie bereits im Alten Orient üblich war. Auch das im modernen Sprachgebrauch immer noch geläufige Dutzend erinnert an die Zwölf als volle Zahl. Die Bibel verwendet die Zwölf ebenfalls als eine Zahl der Fülle, oftmals jedoch in Verbindung mit göttlicher Erwählung: Zwölf Stämme Israels, Zwölf Apostel und der zwölfjährige Jesus im Tempel.

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